Real Assets, Digital Assets, Alternative Investments und ESG – viele dieser Themen werden auch in 2022 mit großem Interesse von Asset Management Consultants verfolgt. Markus Hill sprach für Finanzplatz Frankfurt Main mit Alexander Scholz, Telos GmbH, über den aktuellen Fokus von institutionellen Investoren in diesen Anlage-Segmenten und über aktuelle Ergebnisse der Telos Master-KVG-Studie. Abgerundet werden seine Ausführungen durch Gedanken zu virtuellen und realen Welten, Smarttrainer und isotonischen Kaltgetränken.
Hill: Herr Scholz, Sie bei TELOS pflegen ja eine enge Beziehung zu institutionellen Investoren, sind hier konstant im Dialog. Was beobachten Sie aktuell in dieser Anlegergruppe?
Scholz: Wir sehen weiterhin einen ganz klaren Trend zu den sogenannten Alternativen Investments. Neben dem Klassiker Immobilien sind dies nun vor allem Private Debt, Infrastruktur und Erneuerbare Energien. Dies zeigen klar die Ergebnisse verschiedenen Umfragen, die wir durchgeführt haben. Bestehende Quoten sollen ausgebaut werden oder bisherige „Nichtinvestoren“ wollen neu in die Assetklassen einsteigen. Zudem registrieren wir ein steigendes Interesse an intelligenten Risikomanagementstrategien. Gerade der Januar hat wieder gezeigt, dass die Kapitalmärkte nun mal keine Einbahnstraße sind und dass die alte Regel der kommunizierenden Röhren (wenn die Aktien fallen, dann steigen die Renten/Staatsanleihen) nicht immer greift. Hier sind einige statische Sicherungsansätze an ihre Grenzen gestoßen. Das dritte große Thema sind die drei Buchstaben „E“, „S“ und „G“ – also Nachhaltigkeit. Getrieben durch verschiedene Faktoren gewinnt das Thema ESG bei den Investoren immer mehr an Bedeutung und beschäftigt dies zunehmend mehr. Dies betrifft zum einen die interne Seite durch das Entwickeln hauseigener ESG Strategien. Dies betrifft aber auch die externen Partner der Investoren durch die steigenden Anforderungen an deren Leistungsfähigkeit im Bereich Nachhaltigkeit. Gerade beim Thema ESG schauen die Investoren ihren Asset Managern zunehmend kritischer auf die Finger.
Hill: Sie betreuen ja auch das Segment der Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) – welchen aktuellen Trends sehen Sie hier derzeit?
Scholz: Auch bei den Administrationsdienstleistern, insbesondere bei den KVGen, spielen Alternatives und Nachhaltigkeit eine große Rolle. Durch die Veränderungen in den Allokationen der institutionellen Investoren mit steigenden Alternative-Quoten stehen die KVGen vor der großen Herausforderung, diese administrieren und in das ganzheitliche Reporting für die Investoren aber auch in das aufsichtsrechtliche Reporting zu müssen. Hier sehen wir deutliche Anstrengungen bei den KVGen, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Die zweite Baustelle ist das Thema ESG. Dies betrifft die KVGen auf verschiedenen Ebenen. Zum einen müssen sie in der Lage sein, die meist individuellen ESG-bezogenen Anlagerestriktionen überwachen zu können. Zum anderen steigen die Anforderungen der Investoren an ein aussagefähiges Nachhaltigkeitsreporting. Hier reicht der Ausweis eines irgendwie berechneten Carbon-Footprint bei Weiten nicht mehr aus. Die Investoren fordern, teils getrieben durch die Aufsicht, wesentliche detailliertere ESG-Reports und Analysen. Dies bedingt oftmals den Bezug der relevanten Daten von mehreren externen ESG-Datenanbietern, was i.d.R. eine kostspielige Angelegenheit ist und wofür die Investoren in der Breite nicht zwingend bereit sind, zusätzliche Gebühren zu zahlen. In unserer aktuellen Telos Master-KVG Studie haben wir diese und weitere interessante Aspekte rund um den Bereich Master-KVG beleuchtet.
Hill: Welche Projekte stehen bei TELOS schwerpunktmäßig in 2022 an?
Scholz: Wenn ich jetzt wieder auf Alternatives und Nachhaltigkeit eingehe, denken Sie vermutlich, ich habe einen Sprung in der Platte. Spaß beiseite, natürlich beschäftigen auch wir uns mit diesen Themen. So analysieren wir Asset Manager, Administrationsdienstleister aber auch Fonds hinsichtlich der Leistungsfähigkeit sowie Umsetzung von ESG. Dabei geben wir jedoch nicht vor, was „gut“ oder „böse“ ist, sondern schauen uns das Thema eher in einem holistischen Verfahren prozessual an, d.h. hat der Asset Manager seine Prozesse und seine Struktur in Bezug auf ESG ausgerichtet. Ein anders spannendes Thema, mit dem wir uns befassen, ist die immer stärkere Digitalisierung im Asset Management. Dies betrifft KI-basierte Investmentstrategien, dies betrifft aber auch völlig neue Fondskonzepte, die in digitale Assets wie Kryptowährungen oder andere Token-basierte Assets investieren. Auch im Bereich der Administration wird dieses Thema zukünftig eine große Rolle spielen, denn durch den Einzug digitaler Asset müssen sowohl KVGen als auch Verwahrstellen ihre Prozesse anpassen und teilweise ihr gesamtes Geschäftsmodell überprüfen. Ansonsten werden wir wieder unsere beiden Investoren-Konferenzen, den Wiesbadener Investorentag am 23. Juni und die Wiesbadener Alternative Konferenz am 13. Oktober durchführen – beides als Präsenzveranstaltung. Zudem werden wir auch die ein oder andere Online-Veranstaltung anbieten, wie z.B. am 3. März zum Thema Private Debt.
Hill: Verlassen wir die berufliche Ebene. Sie sind ja ein begeisterter Radfahrer. Wie sind Sie durch den schmuddeligen Winter gekommen?
Scholz: Auch als Radfahrer habe ich mich inzwischen an ein Leben der virtuellen Welt gewöhnt. Meine Saisonvorbereitung findet inzwischen nahezu komplett im heimischen Keller statt. Hier habe ich die Möglichkeit, auf verschiedenen Online-Plattformen mit meinem Smarttrainer zu trainieren. Dabei kann ich gezielte Trainingsprogramme absolvieren oder auch zur Vorbereitung Strecken virtuell abfahren, die ich später im Jahr real fahren werde. Und wenn ich mich mit anderen Rennradfahrern messen möchte, kann ich an Online-Rennen teilnehmen. Trotzdem ersetzt das natürlich nicht eine Ausfahrt bei sonnigem Wetter mit Freunden in der realen Welt – das gesellige isotonische Kaltgetränk am Ende der Runde eingeschlossen.
TELOS GmbH: telos-rating.de
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Quelle: www.institutional-investment.de
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