Europa, Geschichte, Herausforderungen & Networking – Markus Hill sprach FINANZPLATZ-FRANKFURT-MAIN.DE mit den FEK-EUROjournal Chefredakteuren Wolfgang Otto und Dieter Brockmeyer. Das Journal ist das Organ des Fördervereins für Europäische Kommunikation dessen Vorsitzende der Regensburger Urologe Otto ist. Der Verein vergibt alle zwei Jahre die Europamedaille Kaiser Karl des 5, der von vielen als der 1. Europäer gesehen wird und geschichtlich auch eng mit Frankfurt verbunden ist. Die Übergabe erfolgt traditionell aber im Rahmen der Europatage, die in der beschaulichen Frankengemeinde Neudrossenfeld, gleich neben der Barockresidenzstadt Bayreuth gelegen, im dortigen Schloss. Zu den Trägern der Medaille gehören klangvolle Namen der europäischen Einigung wie Jaques Santer, Otto von Habsburg oder Hans Dietrich Genscher. Das Gespräch drehte sich um die Arbeit des Vereins und die Zukunft des anspruchsvollen Onlinemagazins. Dieter Brockmeyer, Frankfurter, Mitgründer und Innovationsexperte des weltweit aktiven Brüsseler Diplomatic World Institutes, erklärte warum das ehrenamtliche Engagement bei dem Magazin für ihn viel Sinn macht.

Hill: Ich habe einige spannende Aktivitäten der Fördergesellschaft für Europäische Kommunikation e.V. (FEK) wahrgenommen. Herr Otto, Sie sind der Vorsitzende des in Nürnberg registrierten Vereins. Wie ist er entstanden und welche Ziele hat er?
Wolfgang Otto: Ende der 1990er Jahre stellte sich eine Hand voll Europa bewegter Personen aus dem süddeutschen Raum, zusammengeführt von meinem Vorgänger, dem 1968 aus Prag nach Nürnberg geflohenen Journalisten Peter Verbata (1942-2018), die Frage, wie sie die sich ankündigende EU-Osterweiterung positiv begleiten könnten. Dies wird bis heute deutlich bei den alljährlichen „Deutsch-Tschechischen Kolloquien“, aber auch mit dem Namen eines Preises, den unser Verein bereits seit 2001 an herausragende Persönlichkeiten des europäischen Einigungsprozesses verleiht: die „FEK-Europamedaille Kaiser Karl IV.“, benannt nach dem Herrscher des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation aus dem 14. Jahrhundert, der aus dem Hause Luxemburg stammend König von Böhmen war und einen großen Zeitraum seines Lebens in dem Landstrich zwischen den Kaiserstädten Prag und Nürnberg, dem Sitz unseres Vereins, verbrachte, wird alle zwei Jahre im Rahmen der von uns im Wesentlichen mitgetragenen Europatage vergeben. Diese Europatage, die Kolloquien und nicht zuletzt das „FEK-EUROjournal“ bilden also heute die wesentlichen Inhalte unserer ehrenamtlichen, gemeinnützigen Arbeit.

Dieter Brockmeyer: Wobei ich herausstellen will, dass hier die DACH Region eine besondere Verantwortung für das Thema Europa trägt, in Deutschland schon alleine auf Grund unserer Geschichte – und die DACH Region wegen ihrer Mittelpunktlage in der EU, aber auch durch ihre wirtschaftliche Bedeutung. Da zähle ich auch die Schweiz und auch Liechtenstein dazu. Beide sind zwar ziemlich bis sehr klein, allerdings mit einer sehr starken Wirtschaftsleistung, Liechtenstein vor allem im Finanzsektor. Beide Länder sind zwar formal nicht Mitglieder in der EU, aber doch im EWR sehr eng angebunden. Das strahlt natürlich in unsere Arbeit ein. In dem Zusammenhang gehört auch erwähnt, dass Prinz Michel von und zu Liechtenstein, der Cousin des Fürsten Hans-Adam II., der Vorgänger unseres jetzt amtierenden Vereinspräsidenten war. Die Bedeutung der zentralen Lage in der DACH-Region zeigt sich alleine schon in der Bedeutung Frankfurts, nicht nur als europäisches Finanzzentrum neben Paris und Amsterdam, sondern auch zentraler Verkehrsknoten, übrigens auch digital…

Hill: Der eben erwähnte Preis, erzählen Sie mehr. Es gibt inzwischen ja eine ganz beachtliche Liste bedeutungsvoller Laureaten.
Wolfgang Otto: Die Figur des Kaisers Karl IV., der in Deutschland im Schatten des großen Karls auf der einen und seines Nachfahren Karl V. auf der anderen Seite steht, im Nachbarland aber regelmäßig zur „größten Persönlichkeit der Geschichte“ gewählt wird, passt auch deshalb so gut in unsere Zeit, weil er wie wir heute in einer Epoche großer Umbrüche gelebt und gewirkt hat. Man muss nur die Stichworte Klimawandel und Seuchengefahr nennen und meint sich in unserem Zeitalter zu befinden. Die „kleine Eiszeit“, die zu Lebzeiten Karls anbrach, war für die Menschen damals nicht weniger einschneidend als die Erderwärmung heute, die Pest eine die Bevölkerung ungleich heftiger treffende Katastrophe als zuletzt die Corona-Pandemie. Gleichzeitig hat dieser Karl 1348 in Prag die erste Universität Mitteleuropas gegründet und – was ihm über die Jahrhunderte hinweg oft als Schwäche ausgelegt wurde – mit Gottvertrauen und einem Schuss Kosmopolitismus (er gehörte zu den sprachgewandtesten und gebildetsten Kaisern der Geschichte) trotz der die Gesellschaft aufwühlenden Tatbestände zumindest den äußeren Frieden gehalten. Er ist damit – ausgesprochen oder nicht – Vorbild für viele der Staatsmänner und Persönlichkeiten, denen wir in den letzten Jahrzehnten den Preis verleihen konnten: ohne Wertung denke ich persönlich hier etwa an Theo Waigel und Otmar Issing, die Wegbereiter des EURO, den letzten k. u. k. Kronprinzen und zugleich wahren Demokraten Otto von Habsburg, den „Befreier“ Litauens Vytautas Landsbergis, Gyula Horn, Karel Schwarzenberg und Hans-Dietrich Genscher, die wesentlich am Niederreißen des Eisernen Vorhangs beteiligt waren, oder EU-Kommissionspräsident Jacques Santer, der 2003 der erste war, der die Europamedaille im Rahmen der „Neudrossenfelder Europatage“ erhielt. Wir haben dort – weil vorhin die DACH-Region angesprochen worden ist – natürlich mit dem ehemaligen Regierungsmitglied Thomas Zwiefelhofer aus Liechtenstein und dem österreichischen EU-Kommissar Franz Fischler auch schon Persönlichkeiten dieser wichtigen europäischen Region ausgezeichnet.
Hill: Ich höre zum ersten Mal von Neudrossenfeld, wo finde ich das und wie kommt es überhaupt zu diesem Partner?
Wolfgang Otto: Neudrossenfeld ist ein kleiner, sehr romantisch gelegener Ort im Rotmaintal, zwischen Bayreuth und Kulmbach in Oberfranken, der es zwischenzeitlich zur offiziellen Europagemeinde gebracht hat, weil wir seit 2003 die besagten Europatage dort abhalten. Wir, das sind neben der FEK die Gemeinde Neudrossenfeld, der Landkreis Kulmbach und die IHK Oberfranken Bayreuth. Ein ehemaliger Geschäftsführer dieser IHK, Dr. Hans Kolb (1955-2024), von Beginn an überzeugter FEK-Mann, hat diesen Ort seiner Kindheit und das darin befindliche, vom langjährigen Chef der diese Region früher prägenden SchmidtBank sanierte Schloss als perfekten Veranstaltungsort aufgetan, wo seither alle zwei Jahre im Frühjahr ein „Fokusland“ in den unterschiedlichsten Aspekten präsentiert wird. Zuletzt war dies übrigens im Mai 2025 das Großherzogtum Luxemburg als in meinen Augen wohl europäischster Staat Europas. Die FEK-Europamedaille ging aus diesem Anlass an zwei herausragende Frauen mit Bezug zum Land: die Botschafterin Luxemburgs in Deutschland, I.E. Sylvie Lucas, und die aus Wiesbaden stammende deutsche Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank und ehemalige Spitzenpolitikerin Nicola Beer.

Dieter Brockmeyer: Durch das Schloss, mit seinem Saal und Schlossgarten mit seinem außergewöhnlichen Ausblick auf die Rotmainaue, das Bräuwerck und die überraschend schmucke Kirche für einen Ort dieser Größe, so dicht beieinander bietet Neudrossenfeld eine unvergleichliche Atmosphäre. Ich hatte gerade noch mal ein Gespräch mit unserer letzten Preisträgerin, die sich sehr angetan von dem ganzen Ambiente zeigte. Leider hat die Gastronomie der Region nach Corona doch sehr gelitten, was die Organisation doch vor Herausforderungen stellt.
Hill: Sie haben auch Ihr eigenes Infomedium, das EUROjournal. Was hat es damit auf sich?
Wolfgang Otto: Da ein Großteil der Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus dem Wirtschaftsjournalismus und dem Medienbereich an sich kam und kommt, lag die 1999 gestartete Herausgabe eines europäischen Informations- und Dokumentationsmediums, genannt „EUROjournal pro management“, nah. Die Bedeutung der Wirtschaft hat über die Jahre gegenüber allgemeinen politischen Themen und kulturellen oder philosophischen Inhalten vielleicht etwas abgenommen. Nach wie vor bildet bei der FEK und ihrem EUROjournal aber gerade auch die Bewusstmachung auch der wirtschaftlichen Grundlagen für die Prosperität und damit das Gelingen eines vereinten Europas eine wichtige Rolle. Immer wichtiger wird die Kooperation mit anderen, vor allem an der europäischen Integration interessierten Organisationen, über deren Aktivitäten wir im EUROjournal berichten. Wir wollen, wie es der Name unseres Vereins sagt, eben die europäische Kommunikation fördern. Als Beispiele möchte ich auf ganz unterschiedlichen Ebenen etwa das Diplomatic World Institute, die Paneuropa-Union oder die regional aktive Akademie Ostbayern-Böhmen nennen. Als 2008 zum Team gestoßener Mediziner und passionierter Kleinverleger und Publizist zu unterschiedlichsten Inhalten, bin ich – seit nun acht Jahren als Leiter der Chefredaktion dienender Amateur – sehr dankbar über erfahrene Kolleginnen und Kollegen, allen voran Dieter Brockmeyer, der sich nach langjähriger Mitgliedschaft in unserem Redaktionskollegium dankenswerterweise bereit erklärt hat, die Chefredaktion zu bereichern.

Dieter Brockmeyer: Dem FEK-Gründer Peter Verbata war es gelungen, wirklich namhafte Europapioniere der ersten Stunde an das EUROjournal zu binden, ich denke etwa an den früheren Vizepräsidenten des Europaparlaments und Vater der Europaflagge, Ingo Friedrich, der regelmäßig Beiträge veröffentlicht – und sich auch immer wieder als Laudator zur Verfügung stellt. Wir haben natürlich eine ziemliche Herausforderung dadurch, dass diese Urgesteine, die das Kollegium früher getragen haben, immer weniger werden und wir neue Autoren gewinnen müssen. Das hat etwas gedauert, gelingt aber inzwischen recht gut. Auch die technische Entwicklung unserer Plattform ist noch lange nicht abgeschlossen. Mit Wolfgang Otto hat sich über die Jahre eine echte Freundschaft entwickelt, so dass, trotz des beschränkten Zeitbudgets in einem ehrenamtlichen Projekt, die Zusammenarbeit sehr gut funktioniert.
Hill: Es ist also eine reine Online-Plattform?
Dieter Brockmeyer: Zu bestimmten Anlässen, etwa den Europatagen, bringen wir immer noch gedruckte Ausgaben heraus, wenn auch sehr abgespeckt. Wir haben durchaus vor, das wieder auszubauen, denn das gedruckte Magazin hat in bestimmten Umfeldern immer noch Vorteile. Bei allem Drang ins Digitale, bin ich überzeugt davon, dass Print weiter existieren und irgendwann einmal, als Nischenprodukt, wieder wachsen wird. Das ist natürlich eine Geldfrage, aber auch des Augenmaßes. Von daher gehen wir das natürlich mit Vorsicht an.
Wolfgang Otto: In der Tat haben steigende Kosten für Layoutleistungen, aber auch Papier das ursprünglich einmal quartalsweise als Printjournal gestartete EUROjournal in dieser Form obsolet gemacht. Ich sehe es aber ganz wie Dieter Brockmeyer, dass ein gutes Druckprodukt, das man in Händen hält, immer noch seinen Wert hat und wir haben – relativ spät den digitalen Aspekt aufnehmend – immer noch zum Ziel, zumindest einmal im Jahr etwas Fassbares auf den Markt zu bringen.
Hill: Es wird also weiter ausgebaut?
Dieter Brockmeyer: Die online Plattform auf jeden Fall – und Print verlieren wir nicht aus den Augen. Wir werden mit frischen Autoren unser Profil des EUROjournals weiter schärfen und uns neue Zielgruppen erschließen. Das ist ganz klar unser Ziel.
Hill: Herr Brockmeyer, Sie haben mit dem von Ihnen mitgegründeten Diplomatic World Institute eine sehr internationale Ausrichtung. Was sind Ihre Gründe für das Engagement beim EUROjournal?
Dieter Brockmeyer: Ich bin der FEK schon lange verbunden, ich glaube seit 2012, länger als dem DWI. Ich habe ja lange als Publizist gearbeitet und hier habe ich die Chance, das noch ein wenig zu pflegen. Als wir das DWI 2019 gründeten, waren die Schnittmengen sehr schnell deutlich. Von daher macht es Sinn, diese auszubauen, etwa in der Cross-Promotion. Meine EUROjournal-Kolumne „Der Weise, Alte Mann“ bietet mir zudem Raum, meine Meinung viel breiter auszudrücken als es im Institute der Fall ist. Die Anspielung im Titel ist durchaus beabsichtigt. Ich kann auch Thesen zur Diskussion stellen, was dann später direkt in meine DWI Arbeit eingeht, etwa in meine Bücher zur Innovations-Resilienz. Wie gesagt, das ergänzt sich alles sehr gut. Für unseren Innovations-Videopodcast „Today & Tomorrow“ haben wir, obwohl wir auf Englisch sind, einen weiteren Ausspielkanal gewonnen. Das sind nur einige Beispiele.
Hill: Was sind Ihre weiteren Ziele, mit der FEK, den Preisen, aber auch dem Onlinemagazin?
Wolfgang Otto: Die Formate Europatage und Deutsch-Tschechisches Kolloquium sollen auch in Zukunft erhalten bzw. ausgebaut werden, weil die Akzeptanz des europäischen Gedankens heute wieder Anfechtungen unterworfen ist, wie wir sie etwa im Jahr 2010 längst überwunden wähnten. Damals haben wir erstmals den „FEK-Freiheitsring“ als weitere Auszeichnung für am europäischen Austausch in verschiedenen Bereichen aktive Privatpersonen ins Leben gerufen. Auch um diese Inhalte, Leistungen und Persönlichkeiten, die in vielen der so genannten Mainstream-Medien heute unterzugehen drohen, sichtbar zu machen, wird das EUROjournal weiter ein essentieller Bestandteil unseres FEK-Portfolios sein.
Dieter Brockmeyer: Europa steht vor enormen Herausforderungen, viele davon hausgemacht. Hier muss gemahnt und unterstützt werden, damit diese Idee nicht vor die Wand fährt. Da gibt es in den kommenden Jahrzehnten noch genug zu tun. Wir stellen uns dieser Aufgabe, wohl wissend, dass wir nur eine kleine Stimme sind, aber eine Stimme von vielen. Zusammen werden wir zum Chor, der viel lauter zu hören ist und hoffentlich einen Beitrag zum Erhalt und Ausbau des Projekts Europa leistet.

Dabei wird Frankfurt in unserer Arbeit immer wichtiger, nicht nur, weil ich hier meinen Lebensmittelpunkt habe, sondern auf Grund der zentralen Bedeutung des Standorts für Europa. Nicht ohne Grund bekam Nicola Beer die Europamedaille in diesem Jahr. Ihr europäisches Wirken führte sie nach Brüssel und jetzt nach Luxemburg. Ihren Lebensmittelpunkt hatte sie aber immer am Main.
Hill: Vielen Dank für das Gespräch, ich freue mich auf ein Wiedersehen in dem Dorf mit Hochhäusern in 2026!
Fek-eurojournal.eu.category.weiser-alter-mann
Dialog & Information:
FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN auf LINKEDIN – KANAL
FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN auf LINKEDIN – GRUPPE
FONDSBOUTIQUEN auf LINKEDIN – KANAL
Foto: PIXABAY & FINANZPLATZ FRANKFURT













