Kommentar: Frankfurter Frühling & Investoren – Events, Fressgass und Value Investing

„Es ist gut, unseren Geist gegen den von anderen zu reiben und zu polieren“ (Michel Eyquem de Montaigne). Frankfurt am Main bietet als Stadt immer wieder genügend Anlass zu Reibung und Politur. Einerseits wird vor dem Hintergrund von Themen wie Brexit, EZB-Politik und Finanzindustrie die Bedeutung des Wirtschaftsstandortes in den Vordergrund gestellt, andererseits wird der Stadt oft zu Unrecht eine mangelnde Attraktivität in den Bereichen wie Kultur und Lebensqualität unterstellt. Kontroverse Ansichten laden zum Dialog ein, so weit so gut. Unbestritten sind die Qualitäten Frankfurts als zentraler Standort und Multiplikator, wenn es um Themen wie Finanzkommunikation und Finanzindustrie-Events geht. Neben bekannten Formaten wie BVI Asset Management Konferenz, Institutional Money Congress oder Formaten wie Deutsches Eigenkapitalforum gibt es eine Vielzahl weniger bekannter, kleinerer Veranstaltungen. Worin unterscheiden sich bestimmte Formate? Wann und wo werden im Frühling Value Investing-Fans Freude und Genuss am Gedankenaustausch in der Mainmetropole haben?

Formate von Veranstaltungen

1. Education & Networking
Es gibt Veranstaltungen, die dem Gedankenaustausch von Industrie zu Industrie dienen. Hier steht eher im Vordergrund, Know-how zu erweitern, Networking mit Finanzindustrie-Teilnehmern auszubauen. Gerade für Sponsoren von solchen Veranstaltungen ist es zu Beginn wichtig, den genauen Charakter dieser Formate einzusortieren. Ansonsten entsteht hier der normale Eindruck: „Mehr Jäger als Wild“. Ein Investor sitzt dann sozusagen zwischen drei Sales-Mitarbeitern von Produktanbietern. Ein zwangsfreier, ergebnisoffener Dialog kann hier oft nicht entstehen. Man spürt die Absicht und ist verstimmt. Einer der Gründe, warum viele „richtige“ Investoren solchen Formaten zunehmend fernbleiben. Ein Problem, mit dem viele klassische Eventveranstalter, nicht nur in Frankfurt, zu kämpfen haben. Eigentlich ein bedauerlicher Trend, da viele dieser Formate sehr hochwertige Vorträge und Paneldiskussionen anbieten. Sponsoren, die gerne den Gedankenaustausch in der Industrie oder die nach mehr Visibilität suchen, bieten diese Formate auf jeden Fall eine gute Plattform. Das Fachpublikum kann dankbar sein, wenn hier sozusagen eine „gemeinwohlfördernde“ Aufgabe (Diffusion von Wissen) von Finanzmarktakteuren übernommen wird.

Eine benachteiligte Sponsorengruppe können oft ausländische Firmen sein, die hier den Markt nicht gründlich Screenen und am Schluss unbeabsichtigt einen wesentlichen Teil ihres Marketingbudgets für Educational-Veranstaltungen im Großformat ausgegeben haben, obwohl man eigentlich in Business Development investieren wollte. Visibilität und Marktforschung erscheinen für viele dieser Adressen weniger gefragt. Interessanter erscheint diesen Anbietern eher die gezielte, direkte Kontaktanbahnung zu Investoren, die in absehbarer Zeit, nach Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, „Tickets“ zeichnen sollen. Ein Zweck, für den viele der großen Veranstaltungen eigentlich nicht gedacht sind und womit man die Veranstalter grundsätzlich auch überfordern kann. Die Unterstützung von „Formaten mit hohem Streuverlust“ stellt kein Problem für große Player aus dem Ausland dar, Unternehmen mit Boutiquen-Charakter fehlt hier nach einer Zeit die nachhaltige Finanzkraft, um so eine Markteintrittsstrategie dauerhaft verfolgen zu können. Fairerweise muss man sagen, dass die meisten Veranstalter dieser Veranstaltungskategorie zumindest in Marketingmaterialien den Ecucational-Charakter und die reine Networking-Ausrichtung der Veranstaltung unterstreichen. Vielleicht kann eine Erklärung für die suboptimale Auswahl von Formaten bei Anbietern einfach daran liegen, dass sich die Bereiche Sales und Marketing noch nicht genügend abgestimmt haben. Die Ziele von Marketing / PR und von Vertriebsverantwortlichen müssen sich strukturbedingt nicht unbedingt gleichen (Beispiel: Kriterien für Messbarkeit von Erfolg – interne Diskussion: Presse Clipping, Page Impression versus „Tickets“, Umsatz, Business Development).

2. Education & Business Development
Ein beliebtes Format für den Ausbau des direkten Investorenkontakts sind kleine, spezialisierte Veranstaltungen. Diese werden von den Produktanbietern entweder intern oder mit externer Begleitung veranstaltet. Oft erfolgen diese Formate auf Invitation-only-Basis, die Teilnehmer werden vorgefiltert. Im Gegensatz zu den oben angeführten „Educational-Veranstaltungen“ mit größerem Streuverlust bei reinem Business Development-Ziel, verfolgen diese zumeist den Zweck, Bestandskunden zu pflegen beziehungsweise Neukunden zu gewinnen. Natürlich gibt es auch hier immer einen Kern Educational-Element und auch das Ziel, Multiplikatoren für das eigene Anliegen (Business Development) zu gewinnen. Der Charme solcher Formate liegt für viele Investoren darin, dass Sie auf diesen Veranstaltungen viele Berufskollegen finden, mit denen man sich dann in kleinem Rahmen über Fachthemen austauschen kann. Allen Teilnehmern ist auch hier bewusst, dass die Referenten Produkte oder Dienstleistungen präsentieren möchten. Da man hier aber oft aus Erfahrung weiß, dass hier Investor mit Investor auch den direkten Gedankenaustausch in angenehmer Atmosphäre betreiben, nimmt man dies gerne in Kauf – solange die Vertriebsmitarbeiter des Produktanbieters genügend Fingerspitzengefühl in der Kommunikation beweisen.

Frühling 2018 – Value Investing, Genuss und der gepflegte Gedankenaustausch

Beispiele für verschiedene Formate, die den Bereich Value Investing im Frühling behandeln: Prof. Dr. J. Carlos Jarillo von SIA Funds AG deckt am 19.4. das Thema „Strategic Investing, Value Investing & Fondsboutiquen“ ab (Transparenz – MH-Kurzintro, „Befangenheit“). Auch Themen wie die Unterschiede von Private Equity-Fonds zu klassischen liquiden Investmentfonds und Family Office-Langfristdenke werden hier diskutiert. Dr. Hendrik Leber und sein Team von Acatis Investment werden am 25.5. die ACATIS Value Konferenz organisieren, ein Klassiker für Value-Investoren. Frank Fischer von Shareholder Value AG wird bei der Equity Forum Frühjahrskonferenz (14.-15.5.) die Keynote-Speech halten, Zitat zum Format: „Börsennotierte Unternehmen präsentieren ihre aktuellen Geschäftszahlen und Ausblicke für das folgende Geschäftsjahr vor ausgesuchten Investoren, Analysten, Finanzjournalisten und weiteren Akteuren am Kapitalmarkt“. Interessant erscheint, das sich im Value Investing-Bereich oft viele Produktverpackungen / Ansätze ergänzen, dass variiert wird, verschiedene Welten finden zueinander: Die Bereiche der liquiden und nicht-liquiden Anlagewelt haben viele gemeinsame Schnittmengen, zumindest an den „Rändern“ (Entscheidungsprozesse bei Investoren, Produktauswahl, Asset Allocation etc.).

Das Value Investing Treffen von value DACH findet in Frankfurt am 23.5. statt, zum Abschluss sozusagen ein ganz anderes Format für den fachlichen Gedankenaustausch von Value Investment-Interessierten, in eigenen Worten des Veranstalters: „Bei den Treffen tauschen wir uns in entspannter Atmosphäre untereinander aus. Wir sind in verschiedenen Restaurants in den unterschiedlichen Vierteln der Stadt Frankfurt unterwegs. Dabei erweitern wir auch kulinarisch unseren Horizont“. Zufällig beginnt zum gleichen Tag die Saison für das Fressgassfest in Frankfurt, traditionell eines der ersten und bekanntesten Straßenfeste der Saison – für Freunde von Sonne, Wein und Geselligkeit ein Höhepunkt des Jahres, nicht nur für die Finanzindustrie. Um an den Beginn der Ausführungen über eine oft scheinbar kritisch betrachtete Metropole anzuknüpfen – Frankfurt am Main, Genuss, Über-den-Tellerrand-schauen und ein gepflegter Gedankenaustausch schließen sich keineswegs aus!


Quelle: LinkedIn

Quelle: www.institutional-investment.de
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