FINANZPLATZ FRANKFURT: Judentum, Kultur und Einstein

„Jüdisches Leben in Frankfurt“ – so lautet auch der Titel der Broschüre, die gerade von der Stadt Frankfurt, Dezernat für Finanzen, Beteiligungen und Kirchen in der Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurts herausgegeben wurde und in der es um gemeinsame Geschichte, das Entdecken, Erleben und auch Erinnern geht. Bürgermeister wie auch Kirchendezernent Uwe Becker und der Vorstandsvorsitzende der jüdischen Gemeinde haben engagierte Grußworte geschrieben.

Das jüdische Leben in Frankfurt hat eine fast 900 Jahre alte und große Tradition. Die historischen Spuren jüdischen Lebens lassen sich auch in der wunderbar restaurierten Frankfurter Altstadt aufspüren. Die grauenvolle Vertreibung und Ermordung Frankfurter Juden im Holocaust haben schreckliche Narben in unserer Stadtgesellschaft hinterlassen. Nach 1945 gab es nur noch wenige Frankfurter Juden, die auch in ihre zerstörte Heimatstadt zurückkamen; vor 1933 bestand die jüdische Gemeinde aus 30.000 Mitgliedern und verkörperte die bis dahin bedeutendste Epoche jüdischen Schaffens.

Eva-Maria Klatt, Frankfurt am Main

1864 erst brachte den jüdischen Frankfurtern die volle Gleichstellung und die Gemeinde wuchs, 1882 wurde die Synagoge am Börneplatz (von den Nazis zerstört, dann von ihnen mit einem Hochbunker überbaut) und 1910 die Westendsynagoge eingeweiht. Heute hat die jüdische Gemeinde ungefähr 7.000 Mitglieder und ist die zweitgrößte Deutschlands. 1986 konnte das jüdische Gemeindezentrum eröffnet werde, das heute Ignatz-Bubis-Zentrum heißt. Dieses Zentrum macht, wie auch andere Bauwerke hier, jüdisches Leben in der Stadt wieder „lebendig“. Ganz deutlich spürbar und sichtbar sind auch der jüdische Kindergarten, die Lichtigfeldschule , der jüdische Sportverein TUS Makkabi im Herzen Frankfurts und das im Oktober neueröffnete Jüdische Museum mit seiner eindrucksvollen hellen, neuen Architektur.

Corona, Lockdown und Museum

„Closedbutopen“ hieß das Motto für das Jüdische Museum während des zweiten Lockdowns bis zur radikalen Schließung. Es ist das älteste Jüdische Museum in Deutschland und thematisiert 800 Jahre jüdische Geschichte in Frankfurt. Fünf Jahre wurde es umgebaut, bis es am 21.10.2021 mit einem eher asketischen Festakt in der Alten Oper eröffnet wurde, dies alles geschuldet den Hygiene Maßnahmen aufgrund der Pandemie. Das Jüdische Museum hat einen eigenen YouTube Kanal mit vielen informativen und sehenswerten Filmen, es ist auf Twitter, Facebook, Instagram mit täglichen Beiträgen vertreten, die allesamt anregend sind und neugierig auf einen Besuch machen – zur Zeit und später.

Kultur, Events und Neugierde

Frankfurt, als kleine aber ausgesprochen kraftvolle Metropole, weist mittlerweile auch Jüdische Filmtage im Mai und Jüdische Kulturwochen im September auf. Jüdisches Leben in seiner Vielfalt beschränkt sich eben nicht auf die genannten Bauwerke, sondern findet überall in Frankfurt statt, weil hier eine beeindruckende Bandbreite an jüdischen Einrichtungen und Aktivitäten herrscht. Als Beispiel sei hier die Frankfurter Schönstädt Loge, B’nai B’rith, die 1888 als 20. B’nai B’rith Loge in Deutschland gegründet wurde und deren Mitglieder sich höchst aktiv und ehrenamtlich für das Gemeinwohl einsetzten. Im Dritten Reich verboten, wurde sie in Frankfurt 1961 neu gegründet – mit veränderten Aufgaben jedoch stets den Idealen und Werten treubleibend.

In den wunderschönen alten Räumen der Loge finden in regelmäßigen Abständen kulturelle Veranstaltungen vielfältiger Art statt, die regen Zuspruch in der Stadtgesellschaft finden.

Jüdisches Leben in Frankfurt verkörpern unter anderem auch die Brüder James und David Ardinast. Sie bereichern die Gastronomie- und Ausgehkultur unserer Stadt mit vielen Restaurants wie etwa das „Stanley Diamond“ oder die „Bar Shuka“ in der Niddastraße. Als weiteres Beispiel für diese Vielfalt seien hier das Altenzentrum der Jüdischen Gemeinde, Pflegeheim mit Altenwohnanlage, sowie das Pflegezentrum der Henry und Emma Budge Stiftung, das dezidiert Juden und Christen gleichermaßen offensteht. Beide Einrichtungen bieten auch zahlreiche kulturelle Veranstaltungen an, die von vielen Frankfurtern gerne besucht werden. Stellvertretend für viele Aktivitäten innerhalb des jüdischen Lebens in Frankfurt wird der Interreligiöse Chor genannt, der von zwei Chorleitern, der evangelischen Kantorin Bettina Strübel und dem jüdischen Chasan Daniel Kempin, gemeinsam gestaltet wird und eine weitere Facette bedeutet.

Vielleicht sind die Leser dieses Artikels neugierig geworden auf noch viel mehr an jüdischen Traditionen und Geschichten unserer Stadt Frankfurt am Main, frei nach dem Motto: „Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will“ (Albert Einstein).


Eva-Maria Klatt, Oberstudienrätin i.R., Stellvertretende Vorsitzende der DiG Frankfurt (Deutsch-Israelische Gesellschaft)

JÜDISCHES MUSEUM FRANKFURT: www.juedischesmuseum.de

Quelle: LinkedIn