FINANZPLATZ FRANKFURT & FAMILY OFFICES:„Für uns ist wichtig, dass ein Asset Manager Diversifikation in das Portfolio der Stiftung bringt und ein Thema oder einen Stil abdeckt, den es noch nicht hat“ (INTERVIEW – John O’Donnell, Gründer & Partner der VIRIATO GmbH)

„Zur Erkenntnis der Dinge braucht man nur zweierlei in Betracht zu ziehen, nämlich uns, die wir erkennen, und die Dinge selbst, die es zu erkennen gilt“ (René Descartes). Markus Hill sprach für FINANZPLATZ-FRANKFURT-MAIN.DE mit John O’Donnell, Gründer & Partner der VIRIATO GmbH, über die aktuellen Herausforderungen als Family Office für Stiftungen in den Bereichen Manager Selektion, Risikomanagement, Alternative Investments, Report und Controlling. Thema des Gespräches waren zudem die Bedeutung von Fondsboutiquen, „Asset Manager & Exit“, Business Judgement Rule sowie Rugby und Schriftstellertum.

John O’Donnell, Gründer & Partner der VIRIATO GmbH

Hill: Welche Bedeutung hat die Auswahl von Asset-Managern für Stiftungen bei Ihnen?
O’Donnell: Neben unserer Kernkompetenz im Reporting und Controlling ist die Auswahl von Asset Managern ein zentrales Thema, bei dem wir unsere Kunden ebenfalls beraten. Es gibt viele Asset Manager, die Produkte anbieten, die angeblich für Stiftungen entwickelt wurden. Liest man die Fondsbeschreibungen, sieht man, dass sie alle Schlagworte wie „regelmäßige Dividende, diversifizierte langfristige Investition“ usw. verwenden, die Stiftungen gerne hören möchten. Allerdings finden wir, dass viele dieser Produkte nach dem Prinzip „One-size-fits-all“ arbeiten und die Strategie „Buy & Hold“ verfolgen, was bedeutet, dass es in Phasen, in denen der Markt fällt, kaum Risikomanagement gibt. Zudem haben viele Stiftungen in Deutschland in ihren Anlagerichtlinien eine Heimatmarktpräferenz (Home bias), die von den Asset Managern ebenfalls bedient wird, obwohl dies definitiv nicht im besten Interesse einer Stiftung ist. Ein gut aufgestelltes Portfolio muss geografische und Investment-Style-Diversifikation aufweisen. Wir achten auf solche Details, wenn wir eine Stiftung bei der Auswahl eines Asset-Managers beraten. Letztendlich sind die Stabilität, Erfolg und Fähigkeit der Stiftung, ihre Projekte zu unterstützen, davon abhängig.

Markus Hill, FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN

Hill: Welche Kriterien sind für Sie besonders wichtig?
O’Donnell: Der Investmentprozess ist, meiner Meinung nach, der Schlüssel. Wir sprechen mit allen Managern, die wir unseren Kunden empfehlen. Zunächst beobachten wir die Performance des Fonds über einige Jahre, und während dieser Zeit führen wir regelmäßig Gespräche mit den Managern. Wir nehmen auch an Veranstaltungen teil, bei denen die Manager ihre Ansätze präsentieren. Wir möchten konsistente Botschaften hören, was zeigt, dass der Manager Vertrauen in seinen Ansatz hat. Für mich ist der Prozess etwas wichtiger als die Performance. Wenn ein klarer Prozess existiert, wird es sowohl für den Manager als auch für uns einfacher, diesen zu kommunizieren, nachzuverfolgen und zu bewerten. Es hat einen enormen Wert, zu wissen, was man von einem Fondsmanager erwarten kann. Zum Beispiel arbeiten wir mit einem Fondsmanager, der ein 50/50-Mandat hat. Er ist derzeit zu 80% in Anleihen investiert (was innerhalb des Mandats erlaubt ist). Aber er hat eine klare Sichtweise, die sich in seiner Positionierung zeigt. Das schätzen wir. Wir wissen, dass er den Aktienmarkt unterperformen wird, aber wir wissen auch, dass er eine diversifizierte Perspektive in den gesamten Portfolioaufbau einbringt. Er erzielt eine akzeptable Rendite, sodass der Kunde nicht unter seiner vorsichtigen Haltung leidet. Wenn er Chancen bei Aktien sieht, nimmt er Positionen ein.

Hill: Spielen Fondsboutiquen bei der Asset-Manager-Auswahl eine besondere Rolle bei Ihnen?
O’Donnell: Sie spielen keine große Rolle. Wir haben erfolgreich mit einem Start-up (Anleihenfonds für Sondersituationen) zusammengearbeitet. Wir kannten den Fondsmanager von seinem vorherigen Unternehmen und wussten, dass er besonders geschickt in seinem Investmentprozess war, weshalb wir ziemlich zuversichtlich waren, dass er mit seiner Boutique erfolgreich sein würde. Ansonsten haben wir eine gute Mischung aus großen, etablierten und bekannten Asset Managern und einigen kleineren. Für uns ist wichtig, ist, dass ein Asset Manager, Diversifikation in das Portfolio der Stiftung bringt und ein Thema oder einen Stil abdeckt, den es noch nicht hat. Dann ist es nicht wirklich wichtig, ob es eine Boutique ist oder nicht. Wir schauen uns die Manager genau an, es gibt sehr interessante Talente im In- und Ausland.

Hill: Wie genau sieht der Prozess bei der Manager Selection bei Ihnen aus?
O’Donnell: Wie bereits erwähnt, verfolgen wir die Manager über mehrere Jahre und führen regelmäßig Gespräche mit ihnen, bevor wir unseren Kunden empfehlen, in ihre Fonds zu investieren. Zusätzlich dazu filtern wir die Fonds selbst und verwenden ein Excel-Format, das wir entwickelt haben. Es ist keine Raketenwissenschaft und wahrscheinlich haben andere ähnliche Werkzeuge, aber wir möchten die Daten selbst sehen und uns nicht auf die Arbeit anderer verlassen. Wenn wir einen Fehler machen, wollen wir, dass es unser Fehler ist und nicht die Ausrede haben, zu sagen: „Es ist ihre Schuld, sie haben die falschen Daten verwendet“. Wir suchen nicht nach Fonds mit der besten Performance, sondern nach solchen, die die Volatilität innerhalb des Fonds in Zeiten, in denen der Markt fällt, steuern können. Das ist selten. Die Korrelation der meisten Aktien mit dem Benchmark steigt, wenn der Markt fällt, da alle gleichzeitig verkaufen. Daher ist es interessant, Manager zu finden, die diesen Rückgang aktiv kontrollieren.

Hill: Gibt es Kriterien im Stiftungsbereich, auf die Sie besonders achten müssen?
O’Donnell: Abseits der Investitionsseite freuen wir uns immer, Asset Manager zu treffen, die Kenntnisse über die rechtlichen und steuerlichen Aspekte haben, innerhalb derer Stiftungen arbeiten müssen. Wir halten es für sehr wichtig, dass die Kostenstruktur offen und transparent ist. Viele Fonds wirken auf den ersten Blick relativ günstig, und Stiftungen investieren aus diesem Grund in sie, ohne die versteckten Kosten zu sehen, die dann die Performance schmälern. Natürlich ist ESG ein sehr wichtiges Thema. Viele unserer Kunden sind Landesstiftungen, und es gibt politische Aspekte, die bestimmte Investitionen nicht zulassen oder die einfach nicht im Sinne der Stiftung sind, selbst wenn es ein gutes Argument für die Investition gibt.

Hill: Wie sehen Sie das Themenfeld „Asset Manager & Exit“ bei der Betreuung Ihrer Mandate?
O’Donnell: Das gehört zum Job. Wir haben einige Wechsel vorgenommen, aber in diesen Fällen mussten wir Manager austauschen, die die Stiftungen vor unserer Zusammenarbeit ausgewählt hatten. Es gab einige Verhaltensaspekte, die zur Entscheidung führten. Natürlich sprechen wir mehrmals mit den Asset-Managern, bevor wir uns entscheiden, eine Beziehung zu beenden. Wir geben klare Hinweise auf die Elemente, die Probleme verursachten, sodass es keine Überraschung ist, wenn es so weit ist.

Hill: Welche Rolle sollten Ihrer Meinung nach Alternative Investments bei Stiftungen spielen?
O’Donnell: Das ist ein großes Thema! Es gibt bei unseren Landesstiftungen einen gewissen Kulturkonflikt zu diesem Thema. Zunächst einmal ist es ein sehr wichtiges Thema. Gut gewählte alternative Investments bringen enorme Vorteile für die Portfolios von Stiftungen. Sie bieten Diversifikation, senken die Volatilität und bringen im Allgemeinen eine sehr gute Rendite. Der Bereich der alternativen Investments ist sehr breit gefächert. Wir haben die Anlagerichtlinien unserer Kunden erfolgreich angepasst, um ihnen zu ermöglichen, an alternativen Investments teilzunehmen, die im Sinne des Stiftungszwecks stehen, ohne unvertretbare Risiken einzugehen. Die Stiftungsreform vom Juli 2023 ermutigt Manager mit der Business Judgment Rule, vertretbare Risiken einzugehen, vorausgesetzt, dass sie sich umfassend über geplante Investitionen informiert haben. Dies bedeutet entweder hausinterne Expertise oder die Zusammenarbeit mit externen Experten.
Der Kulturkonflikt entsteht durch Stimmen innerhalb der Stiftungen (sei es der Aufsichtsrat oder andere Berater), die diese Art von Investitionen als „unnötiges Risiko“ betrachten. Wir verstehen das völlig. Für die meisten Stiftungen ist dies ein neues Gebiet, und es ist gesund und normal, dass Menschen skeptisch sind. Das sollte jedoch nicht die Grundlage für eine Entscheidung einer Stiftung sein, die eine Lebensdauer von Hunderten von Jahren haben wird. Hier stoßen wir oft auf finanzpsychologische Probleme. Die Stiftung ist eine juristische Person, aber das Management sind Menschen und haben dieselben Probleme wie jeder andere Anleger – Heimatmarktpräferenz, Risikoaversion, Recency Bias usw.

Hill: Was steckt genau hinter der Idee eines Family Offices für Stiftungen?
O’Donnell: Teilweise der Punkt, den ich gerade zu den Alternativen gemacht habe – Stiftungsmanager sind sehr gut ausgebildete Menschen, die auf dem Gebiet des Stiftungsmanagements spezialisiert sind und Abschlüsse haben (Naturwissenschaften, Kunst, Forstwirtschaft), aber keine Finanzexperten sind. Könnten sie das lernen? Ja, ohne Zweifel. Ist es ihre Aufgabe? Nein, sie müssen sich um das tägliche Management einer Stiftung kümmern, und nach dem, was ich sehe, nimmt diese Arbeit allein acht bis zehn Stunden am Tag in Anspruch. Darüber hinaus müsste der Manager, selbst wenn er sich entschließen würde, das Investmentmanagement allein zu übernehmen (abgesehen von fehlender Expertise), sich auch mit allen psychologischen Fallstricken auseinandersetzen, die mit der Verwaltung des eigenen Geldes einhergehen. Und es ist nicht ihr Geld, es ist das Geld einer Stiftung. Es gibt viele psychologische Studien, die davon abraten, das eigene Geld zu verwalten. Herr dos Santos und ich arbeiteten in einem Boutique-Asset-Manager und hatten einige Stiftungskunden. Wir sahen, wie sehr das Management darum kämpfte, die notwendigen Erträge zu erzielen und – ohne es zu merken – hohe Risiken einging, aufgrund schlechter Portfolioaufbaugewohnheiten, die sie sich angeeignet hatten. Wir beschlossen, unser eigenes Unternehmen zu gründen und einen Family-Office-Service für Stiftungen anzubieten. Wir haben keine internen Produkte, sodass wir vollkommen unabhängig sind und nicht mit Banken oder Asset-Managern verbunden sind. Es war ein glücklicher Zufall, dass wir uns getroffen haben. Paulos Hintergrund liegt in AIFs, und ich komme aus der Bankenwelt und habe mit Währungen, Anleihen, Aktien und deren Derivaten gearbeitet.

Hill: Was machen Sie, wenn Sie sich gerade einmal nicht mit dem Thema Stiftungen beschäftigen?
O’Donnell: Im Moment genieße ich den Start der Rugby-Saison wieder sehr. Ich verfolge ein Team in Irland namens Leinster. Ich lese gerne, unter anderem Sportbiografien, und zufälligerweise hat einer der besten Rugbyspieler Irlands, Johnny Sexton (er ist letztes Jahr nach der Weltmeisterschaft zurückgetreten), am 10. Oktober ein Buch herausgebracht. Es steht ganz oben auf meiner Liste der Bücher, die ich als nächstes lesen möchte. Ansonsten fahre ich gerne Mountain Bikes und wohne außerhalb von Frankfurt, was großartig ist, da ich nicht weit fahren muss, um schöne Trails zu fahren.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.

Dialog & Information:

FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN auf LINKEDIN – KANAL

FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN auf LINKEDIN – GRUPPE

FONDSBOUTIQUEN auf LINKEDIN – KANAL

Foto: PIXABAY

Quelle: IPE D.A.CH

FINANZPLATZ FRANKFURT & FINANZPLATZ DEUTSCHLAND: Europe, the DACH Region, Frankfurt, History, Challenges & Networking (INTERVIEW – Wolfgang Otto & Dieter Brockmeyer, FEK-EUROjournal)

Europe, history, challenges, and networking – Markus Hill spoke with FEK-EUROjournal’s editors-in-chief, Wolfgang Otto and Dieter Brockmeyer, for FINANZPLATZ-FRANKFURT-MAIN.DE. The journal serves as the publication of the Association for the Promotion of European Communication, chaired by the Regensburg-based urologist Otto. Every two years, the association awards the Emperor Charles V European Medal, named after a figure widely regarded as the first “European” and one with deep historical ties to Frankfurt.

Traditionally, the award ceremony takes place during the European Days held in the local castle of the tranquil Franconian community of Neudrossenfeld, located near the baroque residential city of Bayreuth. Laureates of the medal include renowned figures of European integration such as Jacques Santer, Otto von Habsburg, and Hans-Dietrich Genscher.

The conversation focused on the association’s work and the future of the journal’s ambitious online magazine. Frankfurt local Dieter Brockmeyer, co-founder and innovation expert at the globally active Diplomatic World Institute in Brussels, explained why his voluntary involvement with the magazine is particularly meaningful to him.

Hill: I’ve noticed some exciting activities by the Fördergesellschaft für Europäische Kommunikation e.V. (FEK). Mr. Otto, you are the chairman of this Nuremberg-registered association. How did it come into being, and what are its goals?

Wolfgang Otto: In the late 1990s, a handful of South German individuals with a strong commitment to Europe brought together by my predecessor, the journalist Peter Verbata (1942–2018), who fled Prague for Nuremberg in 1968, asked themselves how they could accompany the forthcoming EU enlargement to the East in a positive way. This is still very visible today in the annual “German-Czech Colloquia” and also in the name of an award our association has been presenting since 2001 to outstanding figures in the process of European unification: the “FEK European Medal of Emperor Charles IV.” Named after the 14th-century ruler of the Holy Roman Empire of the German Nation, who came from the House of Luxembourg, was King of Bohemia, and spent a large part of his life in the region between the imperial cities of Prague and Nuremberg where our association is based .The medal is awarded every two years as part of the European Days, which we largely co-organize. These European Days, the colloquia and, not least, the FEK EUROjournal today form the essential pillars of our voluntary, nonprofit work.

Wolfgang Otto, FEK-EUROjournal & Markus Hill

Dieter Brockmeyer: I would like to emphasize that the DACH region bears a particular responsibility for Europe, Germany alone on account of its history, and the region as a whole due to its central location within the EU and its economic weight. I include Switzerland and Liechtenstein here. Both are small to very small, but with exceptionally strong economies, Liechtenstein for instance in the financial sector. While neither is a formal EU member, both are tightly connected through the EEA. That naturally influences our work. In this context, it is also worth mentioning that Prince Michael of Liechtenstein, cousin of Prince Hans-Adam II, was the predecessor of our current association president. The importance of the DACH region’s central position can be seen in the significance of Frankfurt, not only as a European financial center alongside Paris and Amsterdam but also as a major transport hub, including digitally…

Dieter Brockmeyer, FEK-EUROjournal & Markus Hill

Hill: You mentioned the award—tell us more. There is now quite an impressive list of distinguished laureates.

Wolfgang Otto: The figure of Emperor Charles IV who, in Germany, stands somewhat in the shadow of Charlemagne on the one hand and his descendant Charles V on the other, but who in our neighboring country is regularly voted “the greatest figure in history”—fits our own era remarkably well because he, too, lived and worked in a time of profound upheaval. Just mention climate change and the threat of epidemics, and you might think you were in our own age. The “Little Ice Age,” which began during Charles’s lifetime, was no less disruptive than global warming is today, and the plague was a far more devastating catastrophe than the recent COVID-19 pandemic. At the same time, Charles founded Central Europe’s first university in Prague in 1348 and—something that historians often held against him—maintained outward peace through a mixture of trust in God and a touch of cosmopolitanism. (He was among the most linguistically gifted and educated emperors in history.) In this sense, he has—implicitly or explicitly—served as a model for many of the statesmen and personalities to whom we have awarded the medal over the decades. Without making any ranking, I personally think of Theo Waigel and Otmar Issing, pioneers of the euro; the last imperial and royal crown prince and true democrat Otto von Habsburg; Lithuania’s “liberator” Vytautas Landsbergis; Gyula Horn, Karel Schwarzenberg and Hans-Dietrich Genscher, all of whom played major roles in bringing down the Iron Curtain; and EU Commission President Jacques Santer, who in 2003 was the first to receive the European Medal during the “Neudrossenfeld European Days.” Since the DACH region was mentioned: we have also honored important figures from this region, such as former Liechtenstein government member Thomas Zwiefelhofer and Austrian EU Commissioner Franz Fischler.

Hill: I’m hearing about Neudrossenfeld for the first time—where is it, and how did you find this partner?

Wolfgang Otto: Neudrossenfeld is a small, very romantically situated village in the Red Main Valley between Bayreuth and Kulmbach in Upper Franconia. It has since been designated an official “European Municipality,” as we have been holding the European Days there since 2003. “We,” that is the FEK, the municipality of Neudrossenfeld, the district of Kulmbach and the Chamber of Commerce and Industry for Upper Franconia in Bayreuth. A former managing director of that Chamber, Dr. Hans Kolb (1955–2024), a dedicated FEK supporter from the start, identified this village of his childhood and its castle, renovated by the longtime head of the SchmidtBank, which once shaped the region, as a perfect venue. Every two years in spring, a “focus country” is presented in its many facets. Most recently, in May 2025, the Grand Duchy of Luxembourg, arguably the most European of European states, in my view. The FEK European Medal on that occasion went to two outstanding women with ties to the country: Luxembourg’s ambassador to Germany, H.E. Sylvie Lucas, and Nicola Beer, the Wiesbaden-born German Vice President of the European Investment Bank and former senior politician.

Dieter Brockmeyer: With the castle, its hall and gardens offering exceptional views of the Red Main meadows, the Bräuwerck and a surprisingly ornate church for a village of this size, all within close proximity, Neudrossenfeld provides a truly unique atmosphere. I recently spoke with our latest laureate, who was very impressed by the setting. Unfortunately, the regional hospitality industry suffered greatly during COVID, which does pose challenges for us in organizing the event.

Hill: You also publish your own information medium, the EUROjournal. What is its purpose?

Wolfgang Otto: As a large share of our members came – and still come – from business journalism and the media sector, launching a European information and documentation publication in 1999, the “EUROjournal pro management,” was a rather natural step. Over the years, the focus on economic topics has perhaps receded somewhat in favor of general political themes as well as cultural and philosophical content. But for the FEK and its EUROjournal, raising awareness of the economic foundations that secure prosperity—and thus the success of a united Europe—remains crucial. Cooperation with other organisations committed to European integration is becoming ever more important, and we report on their activities in the EUROjournal. Promoting European communication—true to the name of our association—remains our mission. By way of example, at very different levels, I might mention the Diplomatic World Institute, the Paneuropean Union or the regionally active Academy of Eastern Bavaria–Bohemia. I myself joined the team in 2008 as a physician and passionate small-scale publisher and writer on various topics and—now serving as head of the editorial office for eight years—am deeply grateful for the experienced colleagues supporting me, not least Dieter Brockmeyer, who after many years on our editorial board has generously agreed to strengthen the editorial leadership.

Dieter Brockmeyer: FEK founder Peter Verbata managed to attract truly notable European pioneers of the first generation to the EUROjournal, I’m thinking, for example, of the former Vice President of the European Parliament and father of the European flag, Ingo Friedrich, who publishes regularly and frequently serves as a laudator. Of course, we face a challenge as these founding figures become fewer and we have to attract new authors. It took some time, but it’s now going quite well. Our platform’s technical development is also far from finished. A genuine friendship has developed between Wolfgang Otto and me over the years, and despite the limited time budgets typical of volunteer projects, our collaboration works extremely well.

Hill: So it’s purely an online platform?

Dieter Brockmeyer: For special occasions, such as the European Days, we still produce printed editions, albeit slim ones. We intend to expand that again, because printed magazines still have advantages in certain contexts. Despite all the momentum toward digital, I am convinced that print will continue to exist and may one day grow again as a niche product. Of course, it’s a matter of funding and of timing. So we’re proceeding carefully.

Wolfgang Otto: Rising costs for layout and paper made the EUROjournal—originally launched as a quarterly print publication—untenable in that form. But I fully agree with Dieter Brockmeyer: a well-produced printed piece that you can hold in your hands still has value, and while we embraced the digital aspect rather late, our goal remains to bring out at least one tangible issue each year.

Hill: So it will continue to expand?

Dieter Brockmeyer: The online platform, definitely—and we’re not losing sight of print. With fresh authors, we will continue sharpening the EUROjournal’s profile and opening up new target groups. That is clearly our aim.

Hill: Mr. Brockmeyer, with the Diplomatic World Institute you co-founded, you have a very international orientation. What motivates your involvement in the EUROjournal?

Dieter Brockmeyer: I’ve been connected with the FEK for a long time—since 2012, I believe, longer than with the DWI. I worked as a journalist for many years, and this gives me the opportunity to keep nurturing that. When we founded the DWI in 2019, the overlaps quickly became apparent. It makes sense to expand them, for example through cross-promotion. My EUROjournal column “The Wise Old Man” also gives me space to express my views much more broadly than is possible within the institute. The title is intentionally tongue-in-cheek. I can also put forward theses for debate, which later feed directly into my DWI work, such as my books on innovation resilience. It all fits together very well. For our innovation video podcast Today & Tomorrow, although it is in English, we’ve also gained an additional distribution channel. Those are just a few examples.

Hill: What are your future goals—for the FEK, for the awards, and for the online magazine?

Wolfgang Otto: The European Days and the German-Czech Colloquium should continue and, where possible, be expanded, because the acceptance of the European idea is once again under pressure. That is something we thought we had overcome by 2010. Back then, we introduced the “FEK Freedom Ring” as an additional award for private individuals active in European exchange across various fields. Making these contributions, achievements and personalities, many of which risk being overlooked in today’s so-called mainstream media, visible is one of the reasons why the EUROjournal will remain an essential component of the FEK portfolio.

Dieter Brockmeyer: Europe faces enormous challenges, many of them self-inflicted. It needs reminders and support to ensure that this great idea does not run aground. There is plenty of work to do in the coming decades. We accept this responsibility, fully aware that we are only a small voice, but one among many. Together we become a chorus, much louder and, hopefully, able to contribute to preserving and strengthening the European project.

Frankfurt is becoming increasingly important in our work, not only because it’s where I live but due to its central significance for Europe. It’s no coincidence that Nicola Beer received the European Medal this year. Her European journey took her to Brussels and now to Luxembourg, but her home has always remained the Rhein-Main region.

Hill: Thank you for the conversation. I look forward to seeing you again in the “Village of Skyscrapers” in 2026!

Fek-Eurojournal.eu/

Fek-eurojournal.eu.category.weiser-alter-mann

Youtube.com@T-and-T-by-DW

www.yumpu.com

Fek-eurojournal.eu/eib-vizepraesidentin-nicola-beer-und-botschafterin-sylvie-lucas-juengste-traegerinnen-der-fek-europamedaille-kaiser-karl-iv

FINANZPLATZ FRANKFURT & FINANZPLATZ DEUTSCHLAND: Europa, DACH-Region, Frankfurt, Geschichte, Herausforderungen & Networking (INTERVIEW – Wolfgang Otto & Dieter Brockmeyer, FEK-EUROJOURNAL)

Europa, Geschichte, Herausforderungen & Networking – Markus Hill sprach FINANZPLATZ-FRANKFURT-MAIN.DE mit den FEK-EUROjournal Chefredakteuren Wolfgang Otto und Dieter Brockmeyer. Das Journal ist das Organ des Fördervereins für Europäische Kommunikation dessen Vorsitzende der Regensburger Urologe Otto ist. Der Verein vergibt alle zwei Jahre die Europamedaille Kaiser Karl des 5, der von vielen als der 1. Europäer gesehen wird und geschichtlich auch eng mit Frankfurt verbunden ist. Die Übergabe erfolgt traditionell aber im Rahmen der Europatage, die in der beschaulichen Frankengemeinde Neudrossenfeld, gleich neben der Barockresidenzstadt Bayreuth gelegen, im dortigen Schloss. Zu den Trägern der Medaille gehören klangvolle Namen der europäischen Einigung wie Jaques Santer, Otto von Habsburg oder Hans Dietrich Genscher. Das Gespräch drehte sich um die Arbeit des Vereins und die Zukunft des anspruchsvollen Onlinemagazins. Dieter Brockmeyer, Frankfurter, Mitgründer und Innovationsexperte des weltweit aktiven Brüsseler Diplomatic World Institutes, erklärte warum das ehrenamtliche Engagement bei dem Magazin für ihn viel Sinn macht.

Hill: Ich habe einige spannende Aktivitäten der Fördergesellschaft für Europäische Kommunikation e.V. (FEK) wahrgenommen. Herr Otto, Sie sind der Vorsitzende des in Nürnberg registrierten Vereins. Wie ist er entstanden und welche Ziele hat er?

Wolfgang Otto: Ende der 1990er Jahre stellte sich eine Hand voll Europa bewegter Personen aus dem süddeutschen Raum, zusammengeführt von meinem Vorgänger, dem 1968 aus Prag nach Nürnberg geflohenen Journalisten Peter Verbata (1942-2018), die Frage, wie sie die sich ankündigende EU-Osterweiterung positiv begleiten könnten. Dies wird bis heute deutlich bei den alljährlichen „Deutsch-Tschechischen Kolloquien“, aber auch mit dem Namen eines Preises, den unser Verein bereits seit 2001 an herausragende Persönlichkeiten des europäischen Einigungsprozesses verleiht: die „FEK-Europamedaille Kaiser Karl IV.“, benannt nach dem Herrscher des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation aus dem 14. Jahrhundert, der aus dem Hause Luxemburg stammend König von Böhmen war und einen großen Zeitraum seines Lebens in dem Landstrich zwischen den Kaiserstädten Prag und Nürnberg, dem Sitz unseres Vereins, verbrachte, wird alle zwei Jahre im Rahmen der von uns im Wesentlichen mitgetragenen Europatage vergeben. Diese Europatage, die Kolloquien und nicht zuletzt das „FEK-EUROjournal“ bilden also heute die wesentlichen Inhalte unserer ehrenamtlichen, gemeinnützigen Arbeit.  

Wolfgang Otto, FEK-EUROjournal & Markus Hill

Dieter Brockmeyer: Wobei ich herausstellen will, dass hier die DACH Region eine besondere Verantwortung für das Thema Europa trägt, in Deutschland schon alleine auf Grund unserer Geschichte – und die DACH Region wegen ihrer Mittelpunktlage in der EU, aber auch durch ihre wirtschaftliche Bedeutung. Da zähle ich auch die Schweiz und auch Liechtenstein dazu. Beide sind zwar ziemlich bis sehr klein, allerdings mit einer sehr starken Wirtschaftsleistung, Liechtenstein vor allem im Finanzsektor. Beide Länder sind zwar formal nicht Mitglieder in der EU, aber doch im EWR sehr eng angebunden. Das strahlt natürlich in unsere Arbeit ein. In dem Zusammenhang gehört auch erwähnt, dass Prinz Michel von und zu Liechtenstein, der Cousin des Fürsten Hans-Adam II., der Vorgänger unseres jetzt amtierenden Vereinspräsidenten war. Die Bedeutung der zentralen Lage in der DACH-Region zeigt sich alleine schon in der Bedeutung Frankfurts, nicht nur als europäisches Finanzzentrum neben Paris und Amsterdam, sondern auch zentraler Verkehrsknoten, übrigens auch digital…

Dieter Brockmeyer, FEK-EUROjournal & Markus Hill

Hill: Der eben erwähnte Preis, erzählen Sie mehr. Es gibt inzwischen ja eine ganz beachtliche Liste bedeutungsvoller Laureaten.

Wolfgang Otto: Die Figur des Kaisers Karl IV., der in Deutschland im Schatten des großen Karls auf der einen und seines Nachfahren Karl V. auf der anderen Seite steht, im Nachbarland aber regelmäßig zur „größten Persönlichkeit der Geschichte“ gewählt wird, passt auch deshalb so gut in unsere Zeit, weil er wie wir heute in einer Epoche großer Umbrüche gelebt und gewirkt hat. Man muss nur die Stichworte Klimawandel und Seuchengefahr nennen und meint sich in unserem Zeitalter zu befinden. Die „kleine Eiszeit“, die zu Lebzeiten Karls anbrach, war für die Menschen damals nicht weniger einschneidend als die Erderwärmung heute, die Pest eine die Bevölkerung ungleich heftiger treffende Katastrophe als zuletzt die Corona-Pandemie. Gleichzeitig hat dieser Karl 1348 in Prag die erste Universität Mitteleuropas gegründet und – was ihm über die Jahrhunderte hinweg oft als Schwäche ausgelegt wurde – mit Gottvertrauen und einem Schuss Kosmopolitismus (er gehörte zu den sprachgewandtesten und gebildetsten Kaisern der Geschichte) trotz der die Gesellschaft aufwühlenden Tatbestände zumindest den äußeren Frieden gehalten. Er ist damit – ausgesprochen oder nicht – Vorbild für viele der Staatsmänner und Persönlichkeiten, denen wir in den letzten Jahrzehnten den Preis verleihen konnten: ohne Wertung denke ich persönlich hier etwa an Theo Waigel und Otmar Issing, die Wegbereiter des EURO, den letzten k. u. k. Kronprinzen und zugleich wahren Demokraten Otto von Habsburg, den „Befreier“ Litauens Vytautas Landsbergis, Gyula Horn, Karel Schwarzenberg und Hans-Dietrich Genscher, die wesentlich am Niederreißen des Eisernen Vorhangs beteiligt waren, oder EU-Kommissionspräsident Jacques Santer, der 2003 der erste war, der die Europamedaille im Rahmen der „Neudrossenfelder Europatage“ erhielt. Wir haben dort – weil vorhin die DACH-Region angesprochen worden ist – natürlich mit dem ehemaligen Regierungsmitglied Thomas Zwiefelhofer aus Liechtenstein und dem österreichischen EU-Kommissar Franz Fischler auch schon Persönlichkeiten dieser wichtigen europäischen Region ausgezeichnet.   

Hill: Ich höre zum ersten Mal von Neudrossenfeld, wo finde ich das und wie kommt es überhaupt zu diesem Partner?

Wolfgang Otto: Neudrossenfeld ist ein kleiner, sehr romantisch gelegener Ort im Rotmaintal, zwischen Bayreuth und Kulmbach in Oberfranken, der es zwischenzeitlich zur offiziellen Europagemeinde gebracht hat, weil wir seit 2003 die besagten Europatage dort abhalten. Wir, das sind neben der FEK die Gemeinde Neudrossenfeld, der Landkreis Kulmbach und die IHK Oberfranken Bayreuth. Ein ehemaliger Geschäftsführer dieser IHK, Dr. Hans Kolb (1955-2024), von Beginn an überzeugter FEK-Mann, hat diesen Ort seiner Kindheit und das darin befindliche, vom langjährigen Chef der diese Region früher prägenden SchmidtBank sanierte Schloss als perfekten Veranstaltungsort aufgetan, wo seither alle zwei Jahre im Frühjahr ein „Fokusland“ in den unterschiedlichsten Aspekten präsentiert wird. Zuletzt war dies übrigens im Mai 2025 das Großherzogtum Luxemburg als in meinen Augen wohl europäischster Staat Europas. Die FEK-Europamedaille ging aus diesem Anlass an zwei herausragende Frauen mit Bezug zum Land: die Botschafterin Luxemburgs in Deutschland, I.E. Sylvie Lucas, und die aus Wiesbaden stammende deutsche Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank und ehemalige Spitzenpolitikerin Nicola Beer.   

Dieter Brockmeyer: Durch das Schloss, mit seinem Saal und Schlossgarten mit seinem außergewöhnlichen Ausblick auf die Rotmainaue, das Bräuwerck und die überraschend schmucke Kirche für einen Ort dieser Größe, so dicht beieinander bietet Neudrossenfeld eine unvergleichliche Atmosphäre. Ich hatte gerade noch mal ein Gespräch mit unserer letzten Preisträgerin, die sich sehr angetan von dem ganzen Ambiente zeigte. Leider hat die Gastronomie der Region nach Corona doch sehr gelitten, was die Organisation doch vor Herausforderungen stellt.

Hill: Sie haben auch Ihr eigenes Infomedium, das EUROjournal. Was hat es damit auf sich?

Wolfgang Otto: Da ein Großteil der Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus dem Wirtschaftsjournalismus und dem Medienbereich an sich kam und kommt, lag die 1999 gestartete Herausgabe eines europäischen Informations- und Dokumentationsmediums, genannt „EUROjournal pro management“, nah. Die Bedeutung der Wirtschaft hat über die Jahre gegenüber allgemeinen politischen Themen und kulturellen oder philosophischen Inhalten vielleicht etwas abgenommen. Nach wie vor bildet bei der FEK und ihrem EUROjournal aber gerade auch die Bewusstmachung auch der wirtschaftlichen Grundlagen für die Prosperität und damit das Gelingen eines vereinten Europas eine wichtige Rolle. Immer wichtiger wird die Kooperation mit anderen, vor allem an der europäischen Integration interessierten Organisationen, über deren Aktivitäten wir im EUROjournal berichten. Wir wollen, wie es der Name unseres Vereins sagt, eben die europäische Kommunikation fördern. Als Beispiele möchte ich auf ganz unterschiedlichen Ebenen etwa das Diplomatic World Institute, die Paneuropa-Union oder die regional aktive Akademie Ostbayern-Böhmen nennen. Als 2008 zum Team gestoßener Mediziner und passionierter Kleinverleger und Publizist zu unterschiedlichsten Inhalten, bin ich – seit nun acht Jahren als Leiter der Chefredaktion dienender Amateur – sehr dankbar über erfahrene Kolleginnen und Kollegen, allen voran Dieter Brockmeyer, der sich nach langjähriger Mitgliedschaft in unserem Redaktionskollegium dankenswerterweise bereit erklärt hat, die Chefredaktion zu bereichern.

Dieter Brockmeyer: Dem FEK-Gründer Peter Verbata war es gelungen, wirklich namhafte Europapioniere der ersten Stunde an das EUROjournal zu binden, ich denke etwa an den früheren Vizepräsidenten des Europaparlaments und Vater der Europaflagge, Ingo Friedrich, der regelmäßig Beiträge veröffentlicht – und sich auch immer wieder als Laudator zur Verfügung stellt.  Wir haben natürlich eine ziemliche Herausforderung dadurch, dass diese Urgesteine, die das Kollegium früher getragen haben, immer weniger werden und wir neue Autoren gewinnen müssen. Das hat etwas gedauert, gelingt aber inzwischen recht gut. Auch die technische Entwicklung unserer Plattform ist noch lange nicht abgeschlossen. Mit Wolfgang Otto hat sich über die Jahre eine echte Freundschaft entwickelt, so dass, trotz des beschränkten Zeitbudgets in einem ehrenamtlichen Projekt, die Zusammenarbeit sehr gut funktioniert.

Hill: Es ist also eine reine Online-Plattform?

Dieter Brockmeyer: Zu bestimmten Anlässen, etwa den Europatagen, bringen wir immer noch gedruckte Ausgaben heraus, wenn auch sehr abgespeckt. Wir haben durchaus vor, das wieder auszubauen, denn das gedruckte Magazin hat in bestimmten Umfeldern immer noch Vorteile. Bei allem Drang ins Digitale, bin ich überzeugt davon, dass Print weiter existieren und irgendwann einmal, als Nischenprodukt, wieder wachsen wird. Das ist natürlich eine Geldfrage, aber auch des Augenmaßes. Von daher gehen wir das natürlich mit Vorsicht an.

Wolfgang Otto: In der Tat haben steigende Kosten für Layoutleistungen, aber auch Papier das ursprünglich einmal quartalsweise als Printjournal gestartete EUROjournal in dieser Form obsolet gemacht. Ich sehe es aber ganz wie Dieter Brockmeyer, dass ein gutes Druckprodukt, das man in Händen hält, immer noch seinen Wert hat und wir haben – relativ spät den digitalen Aspekt aufnehmend – immer noch zum Ziel, zumindest einmal im Jahr etwas Fassbares auf den Markt zu bringen.

Hill: Es wird also weiter ausgebaut?

Dieter Brockmeyer: Die online Plattform auf jeden Fall – und Print verlieren wir nicht aus den Augen. Wir werden mit frischen Autoren unser Profil des EUROjournals weiter schärfen und uns neue Zielgruppen erschließen. Das ist ganz klar unser Ziel.

Hill: Herr Brockmeyer, Sie haben mit dem von Ihnen mitgegründeten Diplomatic World Institute eine sehr internationale Ausrichtung. Was sind Ihre Gründe für das Engagement beim EUROjournal?

Dieter Brockmeyer: Ich bin der FEK schon lange verbunden, ich glaube seit 2012, länger als dem DWI. Ich habe ja lange als Publizist gearbeitet und hier habe ich die Chance, das noch ein wenig zu pflegen. Als wir das DWI 2019 gründeten, waren die Schnittmengen sehr schnell deutlich. Von daher macht es Sinn, diese auszubauen, etwa in der Cross-Promotion. Meine EUROjournal-Kolumne „Der Weise, Alte Mann“ bietet mir zudem Raum, meine Meinung viel breiter auszudrücken als es im Institute der Fall ist. Die Anspielung im Titel ist durchaus beabsichtigt. Ich kann auch Thesen zur Diskussion stellen, was dann später direkt in meine DWI Arbeit eingeht, etwa in meine Bücher zur Innovations-Resilienz. Wie gesagt, das ergänzt sich alles sehr gut. Für unseren Innovations-Videopodcast „Today & Tomorrow“ haben wir, obwohl wir auf Englisch sind, einen weiteren Ausspielkanal gewonnen. Das sind nur einige Beispiele.

Hill: Was sind Ihre weiteren Ziele, mit der FEK, den Preisen, aber auch dem Onlinemagazin?

Wolfgang Otto: Die Formate Europatage und Deutsch-Tschechisches Kolloquium sollen auch in Zukunft erhalten bzw. ausgebaut werden, weil die Akzeptanz des europäischen Gedankens heute wieder Anfechtungen unterworfen ist, wie wir sie etwa im Jahr 2010 längst überwunden wähnten. Damals haben wir erstmals den „FEK-Freiheitsring“ als weitere Auszeichnung für am europäischen Austausch in verschiedenen Bereichen aktive Privatpersonen ins Leben gerufen. Auch um diese Inhalte, Leistungen und Persönlichkeiten, die in vielen der so genannten Mainstream-Medien heute unterzugehen drohen, sichtbar zu machen, wird das EUROjournal weiter ein essentieller Bestandteil unseres FEK-Portfolios sein.   

Dieter Brockmeyer: Europa steht vor enormen Herausforderungen, viele davon hausgemacht. Hier muss gemahnt und unterstützt werden, damit diese Idee nicht vor die Wand fährt. Da gibt es in den kommenden Jahrzehnten noch genug zu tun. Wir stellen uns dieser Aufgabe, wohl wissend, dass wir nur eine kleine Stimme sind, aber eine Stimme von vielen. Zusammen werden wir zum Chor, der viel lauter zu hören ist und hoffentlich einen Beitrag zum Erhalt und Ausbau des Projekts Europa leistet.

Dabei wird Frankfurt in unserer Arbeit immer wichtiger, nicht nur, weil ich hier meinen Lebensmittelpunkt habe, sondern auf Grund der zentralen Bedeutung des Standorts für Europa. Nicht ohne Grund bekam Nicola Beer die Europamedaille in diesem Jahr. Ihr europäisches Wirken führte sie nach Brüssel und jetzt nach Luxemburg. Ihren Lebensmittelpunkt hatte sie aber immer am Main.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch, ich freue mich auf ein Wiedersehen in dem Dorf mit Hochhäusern in 2026!

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FINANZPLATZ FRANKFURT & FINANZPLATZ DEUTSCHLAND: Stiftungen, SOKOMS & VTFDS, Digitalisierung, Kommunikation, Family Offices, „Zombies“ & Gedankenaustausch (INTERVIEW – Tobias Karow, STIFTUNGSMARKTPLATZ.EU)

Stiftungen sind viel mehr als ein steuerbegünstigtes Konstrukt – sie sind ein Stück gesellschaftliche Infrastruktur. Doch während Milliardenbeträge intergenerationell verwaltet werden, steht der Stiftungssektor unter Druck: Sichtbarkeit, Legitimation, Professionalisierung. Tobias Karow – Gründer von stiftungsmarktplatz.eu, Veranstalter von #sokoms (18.11. – 19.11.2025, Leipzig), #vtfds und langjähriger Beobachter der Stiftungslandschaft – spricht mit Markus Hill von FINANZPLATZ-FRANKFURT-MAIN.DE im Interview über das, was viele nur hinter vorgehaltener Hand diskutieren: Brauchen wir Stiftungen überhaupt noch? Und: Warum reden wir über „Zombiestiftungen“?

Karow plädiert für mehr Mut und ein neues Selbstverständnis. Sein Credo: Stiftungen müssen ihr „Gelingen“ sichtbar machen. Kommunikation ist kein Nebenthema, sondern die Brücke zwischen Wirkung und Wahrnehmung. Digitalisierung, KI, Storytelling – das sind Werkzeuge, um Relevanz zu schaffen. Gleichzeitig fordert er: Stiftungsvermögen muss professioneller gemanagt werden. Hier können Family Offices als Vorbild dienen: bessere Asset Allocation, klarere Ziele, strategischere Auswahl von Asset Managern.

Hill:  Welche Themen stehen Ihrer Ansicht nach bei Stiftungen aktuell oben auf der Agenda?

Karow: Also was ich derzeit beobachte, und was mich auch anfasst, ist sicherlich, dass der Stiftungssektor, „mein Sektor“, sich mit harten Fragen seine Existenz betreffend auseinandersetzen muss. Brauchen wir Stiftungen eigentlich? Reden wir von einem Stiftungssektor oder einem Stiftungssumpf? Sprechen wir bei einer großen Zahl von Stiftungen von „Zombiestiftungen“? Abgesehen davon, dass Deutschland seine Erfolgsbranchen nur zu gerne zerbröselt sieht, siehe Banken-, Energie- und Automobilsektor, ist dies letztlich ein Angriff auf unser Gemeinwesen an sich, denn Stiftungen gehören zur DNA des deutschen Gemeinwesens wie die schlechte Laune zum deutschen Frühstückstisch. Was ich verstehe ich, dass aus der geringen Aktivität mancher und der geringen Sichtbarkeit vieler Stiftungen abgeleitet wird, wir alle würden dem Stiftungssektor das Steuerprivileg umsonst vergeben, würden dafür nichts zurückbekommen. Und auch die Diskussion um effektiveres Geben speziell aus der Erbengenration kann ich nachvollziehen, was ich jedoch nicht verstehe ist, dass der Stiftungssektor mit einigen Ausnahmen weitestgehend schweigt. Genau da müssen wir ansetzen, wir müssen das Gelingen der Stiftungen und auch der Vereine sichtbar machen.

Markus Hill, FINANZPLATZ FRANKFURT & Tobias Karow, STIFTUNGSMARKTPLATZ.EU

Hill: Stiftungen & Kommunikation, Sokoms im November in Leipzig – welcher Gedanke steckt hinter der  Veranstaltung?

Karow: Wir möchten das kommunikative Gelingen voranbringen, dass eben jenes tagtägliche Gelingen von Stiftungen und Vereinen zeigt. Der Sektor muss inspiriert und informiert werden, es braucht den lebendigen Austausch rund um Stiftungskommunikation, digitale Werkzeuge für die Stiftungspraxis und KI, es muss sich hier Vieles in Stiftungen und im Sektor verändern- Daher gehen wir mit #sokoms25 auch nach Leipzig, meine Geburtsstadt, die nicht zuletzt ob der Geschehnisse im Herbst 1989 als Stadt für Veränderung steht. Stiftungskommunikation muss aus dem Regal auf den Schreibtisch der Stiftungsverantwortlichen, wenn jede Stiftung mehr über sich erzählt, ihr Gelingen in tolle Geschichten verpackt, dann wird der Sektor im öffentlichen Diskurs sichtbar, damit relevanter und niemand stellte dann noch die Frage nach der Legitimation. Aber das ist ein Schwungrad, das wir auch mit unserem #sokoms25 Festival in Bewegung bringen möchten.

Hill: Welche Themen halten Sie an den beiden Tagen für besonders wichtig?

Karow: Einmal natürlich Basishandwerk, was braucht es, um eine Geschichte toll lebendig und auf der Höhe der Zeit zu erzählen und zu verbreiten. Einem Redakteur heute einen handschriftlichen Brief zu schicken, mit der Bitte daraus einen Artikel zu machen, mit dem Hinweis, man sei verreist und könne keine weiteren Fragen beantworten, das funktioniert sicherlich von heute an nie mehr. Dabei haben Stiftungen und Vereine diese tollen Geschichten, eben jene Geschichten des Gelingens, welcher Sektor kann da schon so in die Vollen gehen. Das Thema KI in der Stiftungspraxis wird uns befassen, was ist es, was kann es, was muss ich damit ich es sauber einsetze, das werden die Kernfragen sein. Aber auch digitale Charaktere werden wir thematisieren, mit Inken Paland werden wir hier die Möglichkeiten diskutieren, denn diese sind bereits heute mannigfaltig. Aber auch Themen wie digitales Personalmanagement und digitaler Datenhaushalt einer Stiftung treiben uns um, eben der digitale Werkzeugkasten, den sich jede Stiftung, ob groß oder klein, zu Nutze machen kann. Da gibt es heute so viel, was Prozesse vereinfachen und damit verbessern kann, und Stiftungen würden hier in unseren Augen überproportional profitieren, so sie diese einsetzten.

Hill: Wie sieht generell die Bedeutung der Digitalisierung in der Stiftungspraxis aus?

Karow: Naja, digitale Stiftungspraxis beginnt heute und malt die Stiftungszukunft bunt aus. Heute wird eine Stiftung digital, morgen bleibt sie dafür bunt im Sinne von handlungsfähig. Für uns sind die 20er Jahre jetzt Jahre der Veränderung für den Sektor, Stiftungen werden nach 25 Jahren gemütlichen Booms, erstmals von innen UND außen herausgefordert. Ich finde das gut, die Frage ist, was der Sektor draus macht. Auf Veränderung kannst Du als Wagenburg reagieren, oder mit offenem Visier. Zwischen diesen Polen wird es sich entscheiden, der anstehende Generationswechsel in vielen Stiftung, die in den Sektor in den kommenden 15 Jahren einströmende Erbmasse und die Verschiebung der Vermögensstruktur des deutschen Stiftungssektor durch Fusionsdruck bei kleinen und Kleinststiftungen lassen mich vermuten, wie es am Ende ausgeht. Entscheidend ist, dass Stiftungen am Ende dieser Phase mit ihrem relevanten Gelingen ein vitaler Teil unseres Gemeinwesens sind, dass man ihre Aura und ihr Gewicht in unserer Gesellschaft spürt – und dass sich Fragen nach ihrer Existenz damit erübrigt haben. Und natürlich werden wir über unsere Umfrage „StiftungenDigital“ berichten sowie den #sokoms25 Award für vorbildhafte Stiftungskommunikation vergeben, Kathrin Succow und Birgit Hubner sind hier schon in den Startlöchern.

Hill: Welche Themen stehen bei Ihnen in 2026 auf der Agenda?

Karow: Neben #sokoms26, das wir am 3ten und 4ten November erneut ausrichten werden, steht mit dem #vtfds26 das zweite Festival am 16ten und 17ten Juni ante portas. Stiftungsvermögen machen viele Stiftungsverantwortliche nicht so gerne, das macht häufig irgendjemand einfach mit, aber was Du vorne nicht verdienst, kann du hinten nicht ausgeben. Das Stiftungen mitgegebene Vermögen muss gemanagt werden, es muss als Pool der Möglichkeiten für die Ausgabenseite gesehen werden. Beim #vtfds26 werden wir ebenfalls in Leipzig drüber sprechen, warum Stiftungsvermögen in vielen Stiftungen „anders muss“, was es braucht damit das passiert. Der #vtfds26 (www.vtfds.de) entwickelt sich vom TV-Format zum Festival, das freut uns natürlich sehr, aber es ist auch die Zeit, Stiftungsvermögen breit, also mit vielen Stiftungen, zu diskutieren und darüber eine Grundlage für alle Stiftungen zu schaffen, auf der dann Stiftungsvermögen besser gemanagt werden kann. Deutsche Stiftungen hinken nicht nur in der digitalen Welt hinterher, sondern auch in der Ambitioniertheit das Stiftungsvermögen betreffend. Genau da müssen wir ran. Auch gehen wir unseren StiftungsApéros wieder in die Fläche, ermöglichen Stiftungsnetzwerkerei vor Ort, das macht uns einfach Freude, ganz nah am Puls der Zeit und der Herausforderungen im Stiftungssektor zu sein. Ende des ersten Quartals erscheint auch wieder unser Handbuch „Mein Stiftungsexperte“, dann bereits in der dritten Ausgabe, wir feilen gerade noch am redaktionellen Konzept, da wird es eine Nuance Neues geben. Volle Kapelle also.

Hill: An dieser Stelle einmal etwas weiter ausgeholt, aufgrund der persönlichen „Befangenheit“ nehme ich mir hier einmal die Freiheit. Der vtfds ist mir gut bekannt, ich hatte ja netterweise dort einmal zum Thema „Was können Stiftungen von Family Offices lernen“ die Ergebnisse einer kleinen Umfrage erläutert, beim StiftungsApéro in Frankfurt habe ich einmal die Geschichte des LinkedIn-Kanals (Webseite) „Finanzplatzplatz Frankfurt am Main“ darstellt – vielen Dank nochmals für diese Gelegenheiten zum Gedankenaustausch. Wie sehen Sie aktuell die Bedeutung von Family Offices für Stiftungen im Bereich der Vermögensanlage und wie wählen Sie eigentlich Themen für die StiftungsApéros aus?

Karow: Family Offices können für Stiftungen vorbildhaft sein, wenn sie eine Asset Allocation entwickeln oder die Asset Manager Selection betreiben. Stiftungen wiederum können für Familiy Office vorbildhaft sein mit ihrem Wofür. Family Offices dienen den Interessen einer Familie oder weniger Familien, Stiftungen dienen der Allgemeinheit, müssen qua Zweck das Gemeinwesen voranbringen. Wenn Vermögen kritischer gesehen werden, kann eine Wofür-Aufwertung von Familienvermögen eine notwendige Entwicklung sein, daher plädiere ich für eine sehr viel engere Verzahnung dieser beiden Sphären, deren Klammer ja ein Vermögensstock ist, den es intergenerationell zu bewirtschaften gilt.

Hill: Viele gute Gespräche in Leipzig. Ich freue mich auf unseren nächsten Gedankenaustausch in Frankfurt in 2025.

INFORMATIION „Stiftungen, Kommunikation & Vermögensmanagement“:

www.stiftungsmarktplatz.eu

www.sokoms.de

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FINANZPLATZ FRANKFURT & FINANZPLATZ LIECHTENSTEIN: „Einer der Schwerpunkte in Frankfurt wird das Thema Vermögensstrukturierung mittels Fonds bei Family Offices und Vermögensverwaltern sein“ (INTERVIEW – David Gamper, LAFV Liechtensteinischer Anlagefondsverband)

„Einer der Schwerpunkte in Frankfurt wird das Thema Vermögensstrukturierung mittels Fonds bei Family Offices und Vermögensverwaltern sein“

Family Offices, Familienfonds, Fondsdomizil Liechtenstein und Gedankenaustausch am Finanzplatz Frankfurt am Main Markus Hill sprach für FINANZPLATZ-FRANKFURT-MAIN.DE mit David Gamper, Geschäftsführer des LAFV Liechtensteinischen Anlagefondsverbands, über aktuelle Aktivitäten und Themen des Verbands. Weitere Gesprächspunkte waren die zunehmende internationale Attraktivität des Standorts vor dem Hintergrund der Diskussion auf der diesjährigen Veranstaltung in London, Wachstum, Regulierung (UCITS, AIFM) sowie das Omnibus Simplification Package. Zusätzlich wurde der Themenkomplex „Digital Assets, Blockchain und Tokenisierung“ angesprochen. Auch in diesem Jahr wird der Verband gemeinsam mit Liechtenstein Finance beim FONDS professionell KONGRESS in Mannheim sowie in München und Hamburg den intensiven Dialog mit potenziellen Fondsinitiatoren fortsetzen.

David Gamper, LAFV Liechtensteinischer Anlagefondsverband

Hill: Wie bewerten Sie derzeit die Entwicklung des Fondsstandorts Liechtenstein im internationalen Vergleich?
Gamper: Liechtenstein hat sich in den vergangenen Jahren ausgesprochen positiv entwickelt. Das Wachstum der Assets under Management lag deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Wir sind zwar ein kleiner Standort, aber dafür hoch spezialisiert und äußerst flexibel. Die Kombination aus EWR-Mitgliedschaft, der Fokussierung auf White/Private-Label-Fonds, einer modernen Regulierung sowie den kurzen Entscheidungswegen zwischen Marktteilnehmern und Behörden macht Liechtenstein für viele Fondsinitiatoren besonders attraktiv – insbesondere, wenn es um grenzüberschreitende Lösungen geht. Natürlich spüren auch wir die Auswirkungen der aktuellen geopolitischen Lage, insbesondere die Zollpolitik der US-Regierung, was in diesem Jahr zu einem leichten Rückgang der Assets under Management geführt hat. In der ersten Jahreshälfte war zudem die Zahl der Fondsgründungen leicht rückläufig – dieser Trend hat sich jedoch seit Mitte des Jahres umgekehrt. Im dritten Quartal konnten wir den Rückgang bereits mehr als kompensieren, und die Branche blickt mit großem Optimismus in die Zukunft.

Markus Hill, FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN

Hill: Wie beurteilen Sie die regulatorischen Rahmenbedingungen für Fondsgesellschaften und Fondsinitiatoren in Liechtenstein? Gibt es geplante Änderungen, die besonders relevant sind?
Gamper: Auf EU-Ebene wurden sowohl die AIFM- als auch die UCITS-Richtlinie überarbeitet. Im Rahmen dieser europäischen Revision erfolgen insbesondere Anpassungen in den Bereichen Delegation und Reporting, zudem werden neue Regelungen zum Liquiditätsmanagement sowie zur Kreditvergabe durch AIF eingeführt. In Liechtenstein befinden wir uns derzeit mitten im Prozess der Anpassung der nationalen Fondsgesetze zur Umsetzung dieser Richtlinienänderungen. Dabei besteht ein breiter Konsens, die von der Europäischen Kommission vorgesehenen Wahlmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume so zu nutzen, dass keine über die EU-Vorgaben hinausgehenden strengeren Regelungen geschaffen werden. Ziel ist es vielmehr, die Flexibilität für die Marktteilnehmer zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund beurteile ich die regulatorischen Rahmenbedingungen für Fondsgesellschaften und Fondsinitiatoren in Liechtenstein als äußerst vorteilhaft.

Hill: Derzeit ist das Omnibus Simplification Package in aller Munde. Hat das auch Auswirkungen auf die Fondsbranche, spüren Sie bereits Erleichterungen?
Gamper: Bislang spüren wir noch kaum direkte Erleichterungen. Die bisher veröffentlichten Teilpakete richten sich in erster Linie an die Realwirtschaft. Wir verfolgen die weiteren Entwicklungen mit großem Interesse, denn in einzelnen Bereichen könnte es für die Finanzwirtschaft – hoffentlich nur vorübergehend – sogar herausfordernder werden. Nach aktuellem Stand müssen Finanzinstitute Nachhaltigkeitsberichte erstellen, während gleichzeitig die Datenlieferung durch Unternehmen infolge des Omnibus Simplification Package deutlich reduziert wurde. Das dürfte für die Fondsbranche zunächst zusätzlichen Aufwand und höhere Kosten bedeuten, da entstandene Datenlücken etwa durch den Einsatz von Ratings geschlossen werden müssen. Wir warten daher gespannt, wie sich die Umsetzung in der Praxis weiterentwickelt.

Hill: Inwiefern spielen Digital Assets, Blockchain und Tokenisierung in der liechtensteinischen Fondsbranche eine Rolle. Gibt es bereits konkrete Beispiele?
Gamper: Digital Assets haben in Liechtenstein beinahe Tradition – wurde doch bereits 2018 der erste Krypto-Asset-Fonds nach europäischer Regulierung hier aufgelegt. Mittlerweile gibt es mehrere Fonds in diesem Bereich, das Volumen ist jedoch weiterhin überschaubar. Besonders spannend ist derzeit die Tokenisierung von Fonds: Dabei werden Fondsanteile vollständig auf der Blockchain abgebildet und können dort kosteneffizient und transparent gehandelt werden. Erste Pilotprojekte wurden bereits erfolgreich umgesetzt. Der Markt steht zwar noch am Anfang, doch das Potenzial ist enorm.

Hill: Ich habe kürzlich mehrere Videos mit Ihnen auf der Webseite von Liechtenstein Finance gesehen. Gibt es da eine Kooperation mit den Liechtensteinischen Anlagefondsverband?
Gamper: Ja, in gewisser Weise. Wir als Liechtensteinischer Anlagefondsverband (LAFV) sind – ebenso wie die anderen Finanzplatzverbände und die Regierung des Fürstentums – Mitglied bei Liechtenstein Finance, einem privatrechtlich organisierten Verein. Ziel des Vereins ist es, das Profil des liechtensteinischen Finanzplatzes im In- und Ausland zu schärfen, indem die Stärken und Besonderheiten des Standorts gezielt kommuniziert werden. Liechtenstein bietet hervorragende Rahmenbedingungen – nicht nur für die Fondsbranche –, die in Europa noch zu wenig bekannt sind. Das möchten wir gemeinsam ändern.

Hill: Und diese Rahmenbedingungen wären?
Gamper: Eine vollständige Aufzählung würde den Rahmen dieses Interviews sprengen. Einige wesentliche Standortvorteile möchte ich dennoch hervorheben. Es gibt die EWR-Mitgliedschaft mit entsprechendem Zugang zum EU-Binnenmarkt und die regulatorische Flexibilität dank der von der EU-Kommission eingeräumten Spielräume Liechtenstein gilt als sicherer Hafen für Vermögen, verfügt über eine stabile politische und wirtschaftliche Ordnung, keine Staatsschulden und ein AAA-Rating von S&P Global Ratings. Wir besitzen effiziente Behörden und kurze Entscheidungswege, die eine rasche Time-to-Market für neue Produkte ermöglichen. Zudem verfügen wir über eine attraktives Steuersystem mit niedrigen Sätzen; auf Fondsebene entfällt die Besteuerung vollständig, auf diese Weise wird Doppelbesteuerung vermieden wird.

Hill: Sie hatten im Oktober in London eine Veranstaltung mit Podiumsdiskussion. Welche Punkte wurden da besonders diskutiert?
Gamper: Das Hauptinteresse in London galt der Vermögensstrukturierung mittels Fonds. Dieses Thema fand im Publikum große Resonanz, da Fondsstrukturen erhebliche Vorteile bieten. Die bereits erwähnten Stärken des Standorts Liechtenstein wurden von den anwesenden Fondsinitiatoren ausdrücklich bestätigt und als überzeugend empfunden. Gerade im Vereinigten Königreich sind Offshore-Lösungen nach wie vor beliebt, da sie in der Regel günstiger sind als Fondsstrukturen innerhalb der EU. Allerdings bieten sie deutlich weniger rechtliche Sicherheit – ein Aspekt, der vielen Teilnehmern nicht bewusst war.

Hill: Welche Veranstaltungen stehen noch an?
Gamper: Am 18. November 2025 findet wieder „Finanzplatz Frankfurt meets Finanzplatz Liechtenstein“ statt. Einer der Schwerpunkte in Frankfurt wird das Thema Vermögensstrukturierung mittels Fonds bei Family Offices und Vermögensverwaltern sein. Wir werden aber auch aufzeigen in welchen Fällen es besonders interessant ist, das Fondsdomizil Liechtenstein für White Label Fonds zu wählen. Der 28./29. Januar 2026 mit dem FONDS professionell KONGRESS in Mannheim findet wieder zusammen mit der Unterstützung von Liechtenstein Finance (Stand) statt. Es besteht die Möglichkeit, sich am Stand über den Fondsplatz zu informieren mit und Strukturierungsexperten über konkrete Fondsprojekte zu sprechen. Im Vortrag berichtet ein Fondsgründer über sein erfolgreiches Fondsprojekt und seine positiven Erfahrungen in Liechtenstein. Im Frühjahr finden am 21. und 28. April 2026 die Veranstaltungen des LAFV in München und Hamburg statt. Fondsgründer berichten über die einzigartigen Standortvorteile Liechtensteins und die steuerliche Komponente von Fonds wird beleuchtet. Zudem stehen wir im Austausch mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein, um hoffentlich eine Repräsentantin begrüßen zu dürfen, die Einblicke in den Zulassungsprozess und die Aufsichtspraxis bei Fonds gewährt.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.

INFORMATION / ANMELDUNG: „FINANZPLATZ FRANKFURT trifft FINANZPLATZ LIECHTENSTEIN“

LAFV Präsentation Frankfurt

Quelle: Institutional-Investment

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Foto: UNSPLASH

FINANZPLATZ FRANKFURT & FINANZPLATZ SCHWEIZ: „Fondsboutiquen haben ohnehin einen treuen Fankreis – dies gilt bei liquiden- und nicht-liquiden Ansätzen“ (INTERVIEW – Markus Hill & Thomas Caduff, FUNDPLAT)

„Da ich immer wieder von Schweizer Fondsboutiquen gefragt werde, ob ein Markteintritt in Deutschland sinnvoll ist, habe ich mir gedacht: Wer könnte dazu besser Auskunft geben als Markus Hill von MH Services in Frankfurt? Er gilt als ausgewiesener Kenner der deutschen Fondslandschaft – mit einem exzellenten Netzwerk, grosser Marktübersicht und viel Erfahrung im Dialog mit Family Offices. Nicht umsonst wird er in der Branche gerne als «Mr. Family Office» bezeichnet.

Mit seinen reichweitenstarken Kanälen zu den Finanzmärkten in Deutschland, der Schweiz, in Liechtenstein und Österreich ist Markus auch auf LinkedIn bestens vernetzt – ein weiterer guter Grund, warum wir sehr glücklich sind, ihn 2026 bei unseren Events in Zürich und St. Moritz erneut dabeizuhaben. Ich freue mich ausserdem jetzt schon auf unseren Kaffee im November in Frankfurt – und auf das obligatorische gemeinsame Foto. Thomas J. Caduff, CEO, Fundplat GmbH

Caduff: Herr Hill, Sie kennen die Fondslandschaft im deutschsprachigen Raum wie kaum ein Zweiter – wenn in Zürich Katerstimmung herrscht: Wo sehen Sie aktuell noch Lichtblicke oder gar Grund zur Freude?

Markus Hill, MH Services & Thomas Caduff, CEO, Fundplat GmbH

Hill: Das Thema Fondsboutiquen ist ein «Dauerbrenner» auf Investorenseite, hier ist immer Lang­frist­denke angesagt. Fondsboutiquen haben ohnehin einen treuen Fankreis, dies gilt bei liquiden- und nicht-liquiden Ansätzen. Gegenwärtig beobachte ich stark die Diskussion im illiquiden Bereich (AIF etc.), hier positio­nieren sich zunehmend neue Adressen mit exzellenter Expertise aus dem DACH-Raum.

Caduff: Viele Schweizer Fondsboutiquen wollen nach Deutschland – ich bin skeptisch, denn selbst deutsche Anbieter tun sich in der Schweiz schwer. Ist mein Pessimismus unbegründet?

Hill: Nischenanbieter mit exzellenter Expertise und Track Record aus der Schweiz stossen auf Interesse. Markus Hill

Es kommt auf die ersten Schritte an. Viele Dinge werden gerade bei Fonds­boutiquen oft schon zu Beginn bei Markt­eintritt suboptimal «eingefädelt». Das führt oft dazu, dass das erste halbe Jahr des Eintritts auf dem falschen Gleis erfolgt. Nischen­anbieter mit exzellenter Expertise und Track Record aus der Schweiz stossen auf Interesse. Wenn dann noch Added Value im Sinne von Research, Erreich­barkeit und «Fonds­advisor-als-Sparring­partner-Approach» angeboten werden, hat man oft den Fuss in der Tür für ein erstes Gespräch. Gerade Family Offices, nicht nur in Deutschland, schätzen diese Added-Value-Kombination auf der Anbieterseite.

Caduff: Aktiv gemanagte ETFs sind in den USA ein Megatrend – viele Anbieter mit fast identischen Produkten jagen nun auch in Europa denselben Erfolg. Die Preise werden purzeln, der Wettbewerb zieht an. Ist das in Frankfurt ebenfalls das grosse Thema – oder bleibt’s bei Lippen­bekennt­nissen?

Hill: Nein. Marketing, Sichtbarkeit, Kosten, Regulierung – alles Bereiche, wo aktive ETFs durchaus für sich punkten können. Kanniba­lisierung, MeToo-Effekt, Verwässerung des ETF-Gedankens etc. – auch hier sind noch nicht alle Diskussionen beendet. Auf jeden Fall lohnt es sich, dieses Segment auf dem Radar zu haben.

Die Fragen stellte Thomas J. Caduff, CEO, Fundplat GmbH“

Link zum Original-Interview: 

https://fundplat.com/interview/fondsboutiquen-haben-ohnehin-einen-treuen-fankreis-dies-gilt-bei-liquiden-und-nicht-liquiden-ansaetzen/embed/#?secret=howGCrEB5s

Markus Hill ist seit Mitte 2005 unab­hän­giger Asset Mana­ge­ment Consultant. Beruf­licher Hinter­grund sind u.a. Firmen wie SEB Bank (Marke­ting/Produkt­mana­ge­ment, Invest­ment Banking) und Credit Suisse Asset Mana­gement (Vertrieb, Asset Mana­ge­ment). Zu seinen Tätig­keits­fel­dern gehören die Betreuung von Manda­ten im Marke­ting-, PR-Bereich und Fonds­­se­lek­tion. Als ehe­ma­liger Head of Sales Publi­kums­fonds bei einer Invest­ment­­bou­tique (Aktien und Renten) und in der externen Zusammen­­arbeit mit einem Dach­­fonds­­ma­nager stehen kleine- bis mittel­grosse Asset-Mana­gement-Firmen im Fokus seines Inte­resses. Zusätz­lich beschäf­tigt er sich jour­na­lis­tisch mit den Themen Fonds­bou­tiquen (fondsboutiquen.de) und Einsatz von Publi­kums­­fonds bei Insti­­tu­tio­­nellen sowie mit der Thema­tik Ziel­­fonds­­auswahl bei Multi-Mana­­ge­ment-Ansätzen. Zusätzlich liegt ihm der Finanz­­platz Frankfurt als Ort des Gedan­ken­­aus­tausches am Herzen (finanzplatz-frankfurt-main.de).

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Foto: Pixabay

Quelle: www.fundplat.com

FINANZPLATZ FRANKFURT: LinkedIn-Kanal und Jubiläum – 5 Jahre & DANKESCHÖN, Einstein & Gastbeitrag „Die ökonomische Relevanz intellektueller Neugier am Finanzplatz“, Gruppe FINANZPLATZ FRANKURT AM MAIN (Markus Hill & Team) 

„Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig“ (Albert Einstein).

1. „In einer Zeit tiefgreifender Transformationen gewinnen Fähigkeiten an Bedeutung, die über Fachwissen hinausgehen. Eine Schlüsselkompetenz ist die intellektuelle Neugier: die intrinsische Motivation, neue Informationen zu suchen, Wissen zu hinterfragen, Reflexion & Perspektiven zu erweitern. Doch trotz ihrer zentralen Rolle für Innovation, Anpassungsfähigkeit & lebenslanges Lernen ist sie unterbewertet.

Sie beschreibt den Wunsch, Ungewissheiten zu beseitigen & kognitiv herausgefordert zu werden. Sie korreliert mit Offenheit für Erfahrungen – einem der ‚Big Five‘ Persönlichkeitsmerkmale – & mit Lernfähigkeit, kreativem Denken & Problemlösungskompetenz. Diese Eigenschaften sind nicht nur individuell vorteilhaft, sondern besitzen hohe ökonomische Relevanz: Unternehmen, die auf Innovationsprozesse setzen, sind resilienter & anpassungsfähiger.“
(Zitat – Beitrag von H.-Joachim Plessentin in FINANZPLATZ DEUTSCHLAND-Gruppe – vollständiger Beitrag: siehe Kommentarfeld)

2. Der LinkedIn-Kanal „Finanzplatz Frankfurt am Main“ wurde im Oktober 2020 gestartet. Die Idee war, dass man noch mehr Freude an dem Themenkreis „Frankfurt, Kommerz, Kultur & MORE“ entwickeln könnte. Der Kanal ist von unserem Team freu kuratiert. (Transparenz: INDIREKTE Unterstützung durch diverse Partner der Asset Management-Industrie / Projektpartner etc. – „Kultur-Sponsoring“). Wir hoffen dass der Kanal zum Januar 2026 die 12.000-Follower-Grenze überschreitet & freuen uns darüber, dass die Unterstützer in den letzten Jahren aus ALLEN Gebieten kommen (Kommerz, Kultur, Politik, Hochschulen, Verbände etc.). Die Anregungen, Kontakte, Ideen & der Gedankenaustausch über die Plattform haben wir für uns immer als eine Bereicherung empfunden. 

Wir DANKEN (!) allen Unterstützern der Finanzplatz-Frankfurt-Community, die uns geholfen haben durch Teilen, Kommentieren und Liken von Beiträgen & für Einladungen zu interessanten Events, Hinweisen auf interessante Multiplikatoren in der RheinMainRegion. Input, Ideen und Anregungen zu dem oben genanntieten sind immer willkommen, gerade der Gedankenaustausch mit anderen Finanzplätzen der DACH-Region ist interessant:
info@markus-hill.com
(Unsere Webseite greift oft diese Themen ebenso auf).

2026 wird es auch wieder einen interessanten LIVE-Gedankenaustausch zu diesen Themen bei „Finanzplatz Frankfurt am Main meets X“, wir freuen uns schon auf die Gespräche in dem Dorf mit Hochhäusern. 
Markus Hill

3. Gruppe „Finanzplatz Frankfurt am Main:
https://lnkd.in/edCXVyCr

PS: Finanzplatz-Multiplikatoren & DACH-Region – wir werden „nach & nach“ Adressen im Kommentarfeld einfügen.

LINK ZUM POSTING AUF LINKEDIN – Zusatzinformation im Kommentarfeld:

LinkedIn

LINK ZUM ARTIKEL IN DER GRUPPE „FINANZPLATZ DEUTSCHLAND“ – „Die ökonomische Relevanz intellektueller Neugier am Finanzplatz“:

LinkedIn

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Foto: Finanzplatz Frankfurt

FINANZPLATZ FRANKFURT & GEDANKENAUSTAUSCH: Family Offices, Beauty Contest, Private Markets, Financial Education und „Jahrestagung Family Office“ (INTERVIEW – Dr. Henning Schröer)

„Allerdings sind die Multi Family Offices längst nicht alle gleich gut“

Wo treffen sich Family Officers in Deutschland? Welche Themen prägen aktuell die Agenda – von Nachfolgekonflikten über Testamentsvollstreckung bis hin zu Private Markets? Markus Hill sprach für FINANZPLATZ FRANKFURT mit Dr. Henning Schröer, FIDUBONUM, über die Kunst der Moderation in Familien, die Herausforderungen bei der Auswahl von Multi Family Offices und die Frage, wie Produktanbieter mehr Gespür für die Realität und die Interessenlage von Family Offices entwickeln können. Zusätzlich angesprochen wurde auch das Thema Family Offices, Financial Education & Networking (8. Jahrestagung Family Office).

Dr. Henning Schröer, FIDUBONUM & Markus Hill

Hill: Welche Themen beschäftigen Sie derzeit intensiver?
Schröer: Ich habe im Moment mehrere Mandate, in denen ich mit Familien eine Inhaberstrategie erarbeite. Die Konstellationen sind jeweils sehr unterschiedlich: eine Familie ist sehr groß und es geht vorrangig darum, Gemeinsamkeiten zu schaffen und den Familienzusammenhalt zu stärken. Bei einer anderen Familie gibt es mehrere Dinge, die seit Jahren schon schwelen, aber nie richtig angesprochen wurden. Bei einer dritten Familie knistert es gewaltig, nicht zuletzt aufgrund vermeintlicher Ungerechtigkeiten beim Erbe. Obwohl die Fälle sehr unterschiedlich liegen, hilft es eigentlich immer, mit den Beteiligten über ihre Werte und die sich daraus ergebenden Ziele zu sprechen. Das lenkt zunächst von den kleinteiligen Konflikten ab. Trotzdem lassen sich vom Allgemeinen kommend dann doch sehr konkrete Lösungen entwickeln. Es ist spannend – und nicht selten sogar beglückend – zu sehen, wie viel man hier mit guter Moderation erreichen kann.

Hill: Die „8. Jahrestagung Family Office“ steht vor der Tür. Wie sieht in groben Zügen das Programm aus, Themenstränge und Besonderheiten? Worauf freuen Sie sich besonders?
Schröer: Wir haben wie immer bewusst viele Themen aus ganz unterschiedlichen Bereichen ausgewählt, denn die Jahrestagung soll ja vorrangig den Zertifizierten Family Officern eine thematisch breite Fortbildung ermöglichen. Anknüpfend an die vorherige Frage haben wir eine Mediatorin zu Gast, die zunächst abstrakt und dann im Gespräch mit mir anhand einiger Beispielsfälle vorstellt, wie es in zerstrittenen Familien weitergehen kann, wenn ich mit meinem Latein am Ende bin. Wir haben ein paar spezielle Anlagethemen wie Private Markets, Start-up-Investments und Drittsicherheiten. Sehr geschätzt von unseren Gästen sind auch immer Einblicke in andere Family Offices. Da haben wir in diesem Jahr Porsche, Syngroh (Hansgrohe) und Merck am Start. Und auch für große Familien wichtige Themen wie Testamentsvollstreckung und Sicherheitsrisikomanagement stehen auf der Agenda.
Worauf ich mich besonders freue? Die Veranstaltung wird bestimmt wieder toll. Aber ihren ganz besonderen Reiz zieht sie daraus, dass wahrscheinlich nirgendwo sonst in Deutschland so viele Family Officer aufeinandertreffen und sich austauschen. Da ist im Laufe der letzten Jahre ein richtiges Netzwerk entstanden, weil wir ganz viele „Stammgäste“ haben. Das ist nützlich, aber es ist auch einfach menschlich schön, bestimmte Leute jedes Jahr zur Jahrestagung wiederzutreffen.

Hill: Wir hatten zu Beginn des Jahres bei meinem Panel „Finanzplatz Frankfurt am Main meets Family Offices, Asset Allocation & Financial Education“ eine interessante Diskussion über ein Projekt von Ihnen, dass sich mit der Auswahl eines Multi Family Offices beschäftigt. Wie hat sich das Projekt dann im weiteren Prozess entwickelt? Welche Schritte waren erforderlich und welche Erfahrungen ziehen Sie aus solchen Projekten?
Schröer: Ich erlebe es in letzter Zeit häufiger, dass Familien sich explizit gegen ein Single Family Office entscheiden, auch wenn ihre Vermögensgröße ein solches hergäbe, und lieber nach einem passenden Multi Family Office schauen. Das erspart ihnen viel Aufwand und Verantwortung. Allerdings sind die Multi Family Offices längst nicht alle gleich gut. Und auch die besten von ihnen sind in manchen Bereichen stärker als in anderen. Deshalb ist es für eine Familie, die ein Multi Family Office beauftragen will, ganz wichtig, vorab zu klären, welche Leistungen sie sich von ihm in welcher Qualität erhofft. Das sind dann ganz ähnliche Überlegungen, wie man sie bei der Gründung eines Single Family Office anstellen würde. Auch die Investmentphilosophie sollte idealerweise schon vor Beginn der Suche feststehen. Es sollte also z.B. geklärt sein, in welche Assetklassen investiert werden soll, an welche Alpha-Quellen man glaubt, wie das Risiko eingegrenzt werden kann, welcher Grad an Unabhängigkeit für die Familie gewahrt bleiben soll etc. Danach kann man mit einer sehr spitz auf die Bedürfnisse der Familie formulierten Ausschreibungsunterlage an verschiedene Multi Family Offices herantreten und mit ihnen über die für die Familie wirklich wichtigen Punkte reden. Auch dann fällt es oft noch nicht leicht, die jeweilige Qualität von außen zu beurteilen. Aber Erfahrung, der Vergleich der Multi Family Offices im Verfahren miteinander sowie der ein oder andere Erfahrungsbericht aus meinem Netzwerk führen letztlich doch zu einem ziemlich guten Bild. Allerdings muss dann auch noch die persönliche Chemie stimmen. Wenn die Familienverantwortlichen mit dem qualitativ besten Multi Family Office oder ihrem für sie zuständigen Repräsentanten fremdeln, wird das zweitbeste oft das bessere sein. Übrigens kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Wettbewerbssituation eines Ausschreibungsverfahrens auch positiven Einfluss auf die angebotenen Preise hat. Da können die für das Auswahlverfahren aufgewandten Gebühren schon nach wenigen Monaten wieder reinverdient werden.

Hill: Sie waren in Berlin auf einer Veranstaltung, die sich an Produktanbieter wandte und diesen die Besonderheiten von Family Offices vermittelt hat. Worüber genau haben Sie gesprochen?
Schröer: Ich habe schon in meiner Zeit als Family Officer der Familie Merz oft den Eindruck gehabt, dass Vermögensverwalter, Fondsmanager, Projektentwickler und andere Produktanbieter mit ein bisschen mehr Gespür für die spezifische Gemengelage eines Family Officers in ihren Vertriebsbemühungen deutlich erfolgreicher sein könnten. Aber dieses Gespür zu entwickeln, ist natürlich nicht ganz einfach. Dabei wollten wir mit unserer Veranstaltung in Berlin unterstützen. Die große Verschiedenheit von Family Offices wird oft betont. Sie ergibt sich nicht nur aus den unterschiedlichen Aufgabenkreisen und der individuellen Entscheidung über Make-or-Buy. Sie hängt auch von Größe und Reifegrad der Familie und der Evolutionsstufe des Family Offices ab. Eine Rolle spielt ferner, wie intensiv sich die Familie in das operative Geschäft des Family Office involviert und wie stark Entscheidungsprozesse institutionalisiert sind. Der Family Officer kann auch hinsichtlich der Vermögensanlage ganz unterschiedliche Rollen spielen. Setzt er nur Investmentideen um, die ihm sein Prinzipal oder eine detaillierte Anlagestrategie vorgeben, wird er für Opportunitäten nicht ansprechbar sein. Wenn die unternehmerische Freiheit des Family Officers gering ausgeprägt ist, wird er möglicherweise an tollen Anlageideen gar nicht interessiert sein. Dann kann er ein Gatekeeper sein, den es zu umgehen gilt. Ob das tunlich ist, will aber auch wohl überlegt sein. Diese und etliche weitere Punkte zu verstehen, ist wichtig, um zu wissen, mit welchen Produkten man sich an wen aus Family Office oder Familie wenden kann. Nicht jeder dieser Punkte lässt sich von außen eindeutig aufklären, aber wenn man weiß, auf welche Dinge man schauen muss, erschließt sich doch schnell recht viel aus dem Innenleben eines Family Offices. Die Seminarteilnehmer in Berlin waren so angetan davon, dass wir entschieden haben, das Seminar demnächst zu wiederholen und auch als firmeninternes Seminar anzubieten.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.

Dialog & Information:

FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN auf LINKEDIN – KANAL

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Foto: Finanzplatz Frankfurt

Quelle: IPE D.A.CH

FINANZPLATZ FRANKFURT & GEDANKENAUSTAUSTAUSCH: Immobilien, ESG, Frauen, Expertenrat und Networking (INTERVIEW – Bettina Timmler, COMM.PASS)

Finanzplatz Frankfurt – urban, international, aber zugleich nahbar wie ein „Dorf mit Hochhäusern“. In diesem Spannungsfeld entstehen Formate, die über reines Konferenzdenken hinausgehen. frankfurt let’s talk, initiiert von Bettina Timmler, ist ein Beispiel für einen neuen Weg: Boutique statt Masse, Dialog statt Frontbeschallung, Diversität statt Gleichförmigkeit. Immoblien, ESG, Finanzierung, Digitalisierung und Circular Economy – Themen mit Zukunft – werden hier nicht nur angerissen, sondern aktiv bearbeitet. Das Gespräch von Markus Hill (FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN) mit Bettina Timmler zeigt, wie solche Events weit über den Tag hinauswirken und neue Kooperationen ermöglichen. Frankfurt wird so nicht nur Finanzplatz, sondern auch ein Platz für ungewöhnliche Ideen, bundesweit und auch in der DACH-Region.

Hill: Warum sind Ihnen die Konferenzen wie frankfurt let’s Talk so wichtig?

Timmler: Weil hier die drängendsten Themen unserer Branche – ESG, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Finanzierung – im Vordergrund stehen. Aber entscheidend ist: Wir reden nicht über die Themen, wir bearbeiten sie im Dialog. Von Beginn an, seit Mai 2022 war mein Ziel, gemeinsam mit Referentinnen und Teilnehmer: innen sehr interaktiv zu arbeiten. Der Fokus liegt auf Austausch und Beteiligung. Und das wird von allen Seiten begeistert angenommen.

Hill: Was unterscheidet Ihr Format von klassischen Konferenzen?

Timmler: Unsere USP ist klar: Wir sind Boutique-Format: überschaubar, interaktiv, persönlich. Statt großer Kongresse setzen wir auf direkten Dialog, Networking und Best Practices. Das schafft Vertrauen, Offenheit – und konkrete Leads. Schon der Vorabend öffnet den Raum fürs Netzwerken – er ist ein entscheidender Baustein für Vertrauen und Offenheit.

Markus Hill & Bettina Timmler, COMM.PASS

Hill: Sie betonen Interaktivität – wie genau wirkt das?

Timmler: Die Teilnehmer: innen werden aktiv einbezogen, es gibt keine Barriere zwischen Podium und Publikum. Das führt zu lebhaften Diskussionen und auch zu Kooperationen, die weit über die Konferenz hinauswirken.

Hill: Welche Rolle spielt die Diversität bei Ihren Konferenzen?

Timmler: Von Anfang an war klar: Wir brauchen gleichberechtigte Repräsentanz. Deshalb gilt: mindestens 50 % Expertinnen auf den Panels. Das gelingt uns fast immer. Dazu kommt, dass bei jeder der bisher 11 Konferenzen  mehr Frauen als Männer teilnehmen – nicht zuletzt durch meine langjährige Mitgliedschaft bei den Immofrauen(seit 2006)., bei Immosport, und Urban Land Institute. Das hat den großartigen Effekt, dass das berühmte „Miteinander ins Gespräch kommen“ unglaublich leichtfällt. Es entsteht eine Willkommenskultur, die viele Teilnehmende sofort spüren.

Hill: Welche Rolle spielen Expertinnen konkret?

Timmler: Sie bringen Perspektiven ein, die sonst fehlen würden. Ob in Finanzierung, ESG-Beratung, Immobilien oder Technologie – Frauen sind in unseren Panels sichtbarer und wirken als Türöffnerinnen für neue Kooperationen. Für mich ist das ein Kernbestandteil des Erfolges.

Hill: Sie sprechen von USPs – was macht Ihr Konzept noch einzigartig?

Timmler: Ein entscheidender Unterschied: mindestens 50 % unserer Speaker: innen sind Expertinnen. Wir achten konsequent darauf, dass Frauen nicht nur vertreten sind, sondern gleichberechtigt die Panels prägen. In unseren Netzwerken und Communities nehmen inzwischen sogar mehr Frauen als Männer teil. Das ist für unsere Branche alles andere als selbstverständlich – und genau das macht uns erfolgreich.

Hill: Können Sie ein konkretes Beispiel für erfolgreiche Leads nennen?

Timmler: Ja, sehr gern. Aus meiner ersten Konferenz in Hamburg im Januar 2023 entstand der Kontakt zur Kooperation zwischen TRIQBRIQ und Edeka: In Braunschweig wurde der erste Supermarkt Deutschlands errichtet, komplett aus modularen Holzbausteinen – kreislauffähig, rückbaubar, CO₂-sparend. Solche Projekte sind Leuchttürme und entstehen nur, wenn man offen diskutiert und Menschen miteinander verbindet. Ich habe seinerzeit Lewin Fricke eingeladen, TRIQBRIG bei einem Best Practice vorzustellen, da stand TRIQBRIQ ganz am Anfang.

Hill: Wer nimmt an Ihren Konferenzen teil?

Timmler: Wir sind offen für alle Asset-Klassen – von Bestandshaltern über Projektentwickler bis Investoren. Und auch alle Altersgruppen sind vertreten. Mir war es von Anfang an wichtig, auch junge Menschen einzubinden. Deshalb gibt es spezielle U-30-Tickets. Das macht die Gespräche dynamisch und bringt neue Perspektiven.

Hill: Wie sichern Sie Qualität und Aktualität der Inhalte?

Timmler: Nach jeder Konferenz hinterfrage ich mit dem Feedback der Teilnehmer: innen alles neu. Unser Anspruch ist, die Programme immer an den aktuellen Branchentrends auszurichten. Unterstützt werde ich dabei von einem großartigen engagierten  18-köpfigen Expertenrat – mittlerweile mit zehn Frauen besetzt.

Hill: Warum veranstalten Sie Events „auf eigene Weise“?

Timmler: Weil Standardformate zu wenig bewegen. Wir brauchen Räume, in denen Netzwerk, Vertrauen und Kooperation wachsen können. Boutique-Formate, die intensiver sind, ermöglichen genau das. Und: Wir wollen Wirkung erzielen – nicht nur Vorträge konsumieren. Boutique-Formate ermöglichen Tiefe, Interaktivität und Offenheit. Ich habe mit dem Format Timmler’ Talk gelernt, Veranstaltungen so zu gestalten, dass sie Mehrwert und Wirkung erzielen.

Hill: Wie entstehen neue Standorte wie Frankfurt oder Berlin?

Timmler: Ganz einfach: Unternehmen sprechen mich an und sagen, „Kommen Sie doch nach Berlin, kommen Sie nach München – wir wollen Ihr Format auch hier.“ Das freut mich sehr, weil es zeigt, dass die Community wächst. Mein Motto ist: immer neugierig, immer offen für Neues. Sich neu erfinden, ausprobieren – das ist für mich selbstverständlich. Schon in Schul- und Studienzeit hat mich das geprägt und mir beispielsweise das Stipendium bei BMW ermöglicht.

Hill: Nachhaltigkeit ist Ihr roter Faden. Was treibt Sie persönlich an?

Timmler: Das Thema Natur- und Umweltschutz begleitet mich seit meiner Kindheit. Ich erzähle gerne die Geschichte vom Rettungseinsatz fürs Weingartener Moor, den mein Vater damals unterstützt hat. Schon da habe ich gelernt: Man muss Verantwortung übernehmen. Und heute gilt das mehr denn je – wir erleben Überschwemmungen, Extremwetter, Rekordtemperaturen der Ozeane. Wir wissen nicht, welche Kipppunkte schon unumkehrbar überschritten sind.

Die neue EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) fordert eine Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen um 90 % bis 2040. Das betrifft Neubau, Bestand und Betrieb gleichermaßen. Das zeigt: Nachhaltigkeit ist nicht Kür, sondern Pflicht – und genau hier setzen unsere Konferenzen an.

Hill: Was steht als Nächstes an?

Timmler: Nach Frankfurt geht es weiter: wir wollen wir weitere Boutique-Formate umsetzen, noch stärker fokussiert auf die Themen Circular Economy, KI-gestützte ESG-Tools, nachhaltige Finanzierung. Gleichzeitig bleibe ich dabei: Frauen sichtbar zu machen und Kooperationen über unsere Netzwerke hinaus voranzutreiben. Den Dialog fördern und konkrete Kooperationen ermöglichen.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch. Der FINANZPLATZ FRANKFURT AM MAIN unterstützt mit Freude solche Gelegenheiten zum fachlichen Gedankenaustausch.

LINK / INFORMATION ZUR VERANSTALTUNG „frankfurt let’s talk“ (2.9.2025):

frankfurtletstalk

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FINANZPLATZ FRANKFURT: Haltung, Herkunft und die Kunst echter Begegnung (INTERVIEW – Rubén Zárate, Franziskustreff-Stiftung)

Rubén Zárate im Gespräch: Haltung, Herkunft und die Kunst echter Begegnung

Hill: Rubén, du hast auf LinkedIn viele Menschen mit deinen Beiträgen berührt. Aber fangen wir ganz vorne an: Wo beginnt eigentlich deine Geschichte?

 Zárate: Ich bin 58 Jahre alt – wobei ich es kaum merke. Ich fühle mich deutlich jünger, warum auch immer. Vielleicht, weil ich noch immer neugierig bin und in Bewegung bleibe.
Ich wurde in Lima, Peru geboren, aber meine Kindheit habe ich im Hochland verbracht, in einem kleinen Andendorf namens Pachacayo – auf 3.800 Metern Höhe. Das Leben dort war einfach, aber intensiv: klare Luft, weite Stille, Alpakas, Schafe, Armut – und starke Bindungen.

Rubén Zárate & Markus Hill

Mein Vater nahm 1975 an einem zweijährigen Managementkurs teil – deshalb kamen wir als Familie nach Deutschland und in die Schweiz. In dieser Zeit lebten wir in verschiedenen Städten: Saarbrücken, Düsseldorf, Zürich, Solothurn und Derendingen. Ich war acht Jahre alt. Danach kehrten wir nach Lima zurück, wo ich die Deutsche Schule besuchte. Mit 23 kam ich allein zum Studium nach Deutschland – und bin geblieben.

Ich habe mich seither – oder besser: mein ganzes Leben – zwischen Welten bewegt: geografisch, sprachlich, kulturell. Diese Zwischenräume prägen mich bis heute.

Als peruanischer Staatsbürger war mein Leben in Deutschland lange Zeit geprägt von Unsicherheit. Es war sehr schwer, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, Dokumente zu klären, Rechte einzufordern. Ein Leben mit Angst und Ohnmacht – weil andere über dein Leben entscheiden. Im Jahr 2007 habe ich schließlich die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Dafür musste ich meinen peruanischen Pass abgeben. Ein schmerzlicher, aber bewusster Schritt.

Hill: Wie waren die ersten Jahre in Deutschland?

Zárate: Herausfordernd. Ich war neugierig, aber auch verunsichert. Die Sprache war mir fremd, die Codes unausgesprochen. Ich musste viel beobachten, zuhören, mich einfinden. Aber ich habe auch früh gelernt, wie wertvoll es ist, sich in verschiedenen Welten bewegen zu können. Diese Fähigkeit, mich anzupassen, ohne mich zu verbiegen, hat mir in meinem ganzen Leben geholfen.

Hill: Du hast dann in Deutschland als junger Mann BWL studiert und viele Stationen durchlaufen. Was hat dich dabei geleitet?

Zárate: Ein innerer Drang, weiterzukommen. Nicht im Sinne von Karriere um jeden Preis, sondern im Sinne von: verstehen, mitgestalten – aber auch überleben. Ich war in der Zentrale einer deutschen Bank, später kurz in New York. Danach im Vertrieb bei der FAZ, in Call-Centern, in Beratungsunternehmen wie Willis Towers Watson – und irgendwann auch in der Modebranche mit einer eigenen Marke und selbst entworfenen Designs.Meine Kollektionen wurden sogar im KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg, Galeries Lafayette sowie bei Loden-Frey und Ludwig Beck in München verkauft – und sogar in Duty-Free-Shops großer Flughäfen geführt. Ich habe nie an das eine perfekte Berufsbild geglaubt. Ich habe an Entwicklung geglaubt.

Hill: Gab es auch Phasen, in denen du gezweifelt hast?

Zárate: Aber hallo – sehr viele sogar. Vor allem in Übergangsphasen. Wenn man nicht weiß, was als Nächstes kommt, fühlt man sich oft klein. Aber ich habe gelernt, dass gerade in diesen Momenten das Wichtigste wächst: Vertrauen in sich selbst. Und eine andere Art von Erfolg – einer, der nicht in Titeln messbar ist, sondern in Haltung. Das Wunderbare war: Ich traf immer wieder Menschen, die an mich glaubten. So konnte ich mich immer wieder aufrichten.

Hill: Mode ist ein ganz anderes Feld. Was hat dich daran gereizt?

Zárate: Stil, Identität, Ausdruck. Kleidung ist mehr als Stoff – sie ist Haltung. Und gerade als jemand, der zwischen Welten lebt, finde ich Kleidung spannend. Ich arbeite aktuell – neben meinem Beruf im sozialen Bereich – an einer neuen Herrenkollektion aus Alpaka, die meine Wurzeln und mein heutiges Leben verbindet. Ich erzähle darin meine Geschichte. Es geht nicht nur um Mode, sondern um die Erzählbarkeit von Herkunft und Eleganz.

Katharinenkirche

Hill: Wie kam es zur Idee mit Alpaka?

Zárate: Das Alpaka ist ein Tier meiner Kindheit im Hochland Perus. Mein Vater war Geschäftsführer einer großen Firma mit rund 2.000 Mitarbeitenden, die Alpaka- und Schafwolle sowie Fleisch produzierte und exportierte. Für mich steht die Wolle des Alpakas für Wärme, Natürlichkeit und zugleich für Luxus. Ich wollte etwas schaffen, das nicht laut ist, aber Charakter hat – wie viele Menschen, die ich bewundere. Diese Kollektion ist kein Massenprodukt, sondern Ausdruck einer Haltung: Weniger, besser – und mit Seele.

Hill: Du arbeitest heute hauptberuflich in der Franziskustreff-Stiftung. Wie kam es dazu?

Zárate: Bruder Paulus, der Vorstand der Franziskustreff-Stiftung, hat mich mitten in der Coronakrise angesprochen. Ich wollte etwas Sinnvolles tun. Heute begleite ich als Wohltäter-Berater Menschen, die helfen möchten – institutionell oder privat – und solche, die Hilfe brauchen. Ich sehe mich als Brückenbauer zwischen zwei Realitäten: denen, die geben können, und denen, die empfangen müssen. Gemeinsam mit einem großartigen Team organisieren wir jeden Morgen ein Frühstück für rund 180 Gäste, bieten soziale Beratung an – und das seit über 32 Jahren. Ohne die Hilfe und das Vertrauen unserer Spenderinnen und Spender wäre all das nicht möglich.

Es ist eine stille, aber tiefgreifende Arbeit. Ich führe Gespräche mit Spender:innen, mit Unternehmen, mit Gästen – und oft auch mit mir selbst. Dabei geht es um mehr als materielle Hilfe. Es geht um Würde, Augenhöhe und Vertrauen.

Hill: Was nimmst du aus diesen Begegnungen mit?

Zárate: Dankbarkeit. Und Demut. Ich habe gelernt: Nicht jeder, der auf der Straße lebt, ist gebrochen. Und nicht jeder im Anzug oder Kostüm hat Klarheit. Ich versuche, diese Geschichten in meinen Alltag zu lassen – auch auf LinkedIn. Dort teile ich keine Erfolgsstorys, sondern stille Heldengeschichten. Die Welt braucht mehr davon.

Café Hauptwache

Hill: Und wenn du nicht arbeitest?

Zárate: Dann lebe ich zurückgezogen – mitten im Wald, in einem alten Bauernhof im Taunus. Ohne Luxus, aber mit Seele. Ich koche und backe gerne, treffe gute Freunde. Ich liebe das Landleben, den Rhythmus der Natur, das Holz, die Tiere. Dieser Ort gibt mir Ruhe und Erdung. Dort tanke ich auf. Dort höre ich zu – mir selbst und der Welt.

Hill: Du organisierst auch private Dinners. Was hat es damit auf sich?

Zárate: Das sind kleine Abende mit besonderen Menschen. Banker, Künstlerinnen, Menschen aus sozialen Projekten, Anwälte, Kreative. Ich lade sie ein – an einen Tisch, in eine ehrliche Atmosphäre. Es gibt gutes Essen, ehrliche Gespräche, keine Titel. Jeder zahlt selbst.

Meine Gäste wissen, wenn ich sie einlade, dass ich es schaffe, Menschen mit Herz und Substanz zusammenzubringen. Für mich ist das gelebte Verbindungskunst. Und oft beginnt Veränderung dort, wo Menschen sich einfach gegenüber sitzen – ohne Agenda.

Hill: Du hast eine gewisse Ruhe in deiner Art. Woher kommt die?

Zárate: Vielleicht aus dem Hochland. Oder aus vielen Gesprächen mit Menschen, die alles verloren haben und trotzdem lächeln. Oder aus dem Wissen, dass nicht ich im Zentrum stehen muss – sondern das, was zwischen uns entsteht. Ich glaube an Stille als Qualität.

Und vielleicht auch, weil ich mit 35 Jahren einen Gehirntumor hatte und operiert wurde. Wenn du das im eigenen Leib erlebst – wie schnell sich alles ändern kann, wie plötzlich du abhängig wirst und ausgeliefert bist – dann verändert das deinen Blick auf das Leben. Ich lebe seither bewusster, intensiver, nachdenklicher. Und vor allem: dankbarer. Vielleicht ist auch deshalb meine Nähe zu Gott gewachsen – nicht durch ständigen Kirchgang, sondern durch stille Gebete. Besonders bei meinen Spaziergängen im Wald. Dort bin ich verbunden – ohne viele Worte, aber mit offenem Herzen.

Aber du darfst nicht vergessen: Ich bin Latino. Und das Temperament – das habe ich definitiv von meiner Mutter geerbt. Wie meine Freunde und Kolleginnen bestätigen können, bleibt es bei mir nicht immer still. Ich kann sehr liebevoll, aber auch direkt und temperamentvoll sein. Das gehört zu mir. Und das will ich auch gar nicht verleugnen. Und ja – leise bin ich nicht immer, aber echt bin ich immer.

Hill: Was bedeutet dir Frankfurt?

Zárate: Viel. Ich bin auch ein Frankfurter. Meine Stadt. Hier habe ich mich oft neu erfinden müssen. Ich habe Aufstieg erlebt, Brücken gebaut, aber auch Einsamkeit erfahren. Frankfurt ist hart, aber ehrlich. Und es gibt Menschen, die wirklich zuhören. Das versuche ich weiterzugeben – ob in Gesprächen, beim Frühstück im Franziskustreff oder abends bei einem Glas Wein mit Freunden.

Hill: Du bist Mitglied im Expertenbeirat des „Fonds auf Augenhöhe“ der Software AG – Stiftung. Was bedeutet dir diese Rolle?

Zárate: Sie ist Ausdruck von Vertrauen. Wir unterstützen Projekte, die Geflüchteten auf Augenhöhe begegnen. Das ist für mich nicht nur Ehrenamt, sondern eine Haltung. Ich bin selbst als Kind in ein neues Land gekommen. Ich weiß, wie still man werden kann, wenn man nicht weiß, ob man dazugehört. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen Menschen nicht nur mitgedacht, sondern mitgemeint werden. Ich bin davon überzeugt: Herkunft verpflichtet. Und das lebe ich.

Hill: Du sprichst oft über Haltung. Was heißt das für dich konkret?

Zárate: Haltung ist, wenn man auch dann aufrecht bleibt, wenn keiner zusieht. Es ist die Summe aus Erfahrung, Werten und Mut. Es bedeutet, nicht alles mitzumachen, was geht – sondern das zu tun, was richtig ist. Ich glaube, dass das gerade im Finanzplatz Frankfurt eine wichtige Rolle spielt. Vielleicht mehr denn je.

Und Haltung zeigt sich auch im Kleinen: Wenn Menschen sagen, sie melden sich – und es nicht tun. Wenn Angebote gemacht werden – und am Ende nichts kommt. Gerade in einer Stadt wie Frankfurt, in der viele mit Expertise handeln und sich glänzend präsentieren, beobachte ich das immer wieder. Für mich ist das bezeichnend: Wer im Kleinen nicht verlässlich ist, wird es auch im Großen schwer haben. Ich sage das nicht vorwurfsvoll – sondern als Einladung, Haltung nicht nur zu denken, sondern zu leben. Alle sprechen heute von Werten. Doch sie müssen auch im Alltag gelebt werden – sonst bleiben sie leere Worte.

Hill: Was wünschst du dir für die Zukunft?

Zárate: Mehr Zwischenräume. Weniger Lautstärke, mehr Zuhören. Und dass Menschen wieder lernen, miteinander zu sein – ohne Agenda. Ich wünsche mir Räume für Resonanz, nicht nur für Reaktion.

Hill: Und für den Finanzplatz Frankfurt?

Zárate: Weniger Maske, mehr Haltung. Und einen Tisch, an dem nicht nur Zahlen, sondern auch Geschichten Platz haben. Ich wünsche mir, dass Menschlichkeit und Sensibilität nicht als Weichheit gelten – sondern als Kompetenz.

Hill: Rubén, vielen Dank für das interessante und offene Gespräch.

Zárate: Danke dir, Markus – wer sagt denn, dass man am Finanzplatz Frankfurt nicht auch über Haltung, Würde, Mode und vielleicht sogar Alpakas sprechen darf? Es war mir ein echtes Vergnügen.

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Foto: PIXABAY & Markus Hill/Rubén Zárate